Rn. 69

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Gemäß § 50d Abs 2 S 1 EStG wird die Freistellung im Abzugsverfahren nur auf Antrag vom BZSt gewährt; antragsberechtigt aus eigenem Recht ist nur der Vergütungsgläubiger. Dieser kann jedoch dem inländischen Vergütungsschuldner Vollmacht erteilen (FG Köln v 24.02.2000, EFG 2000, 1189). Zuständig ist ausschließlich das BZSt. Das FA kann eine Freistellung im Abzugsverfahren nicht gewähren, dies gilt auch bei einer analogen Anwendung des § 50d Abs 1 S 2 EStG für die Erstattung von Abzugssteuern außerhalb der in § 50d EStG geregelten Fälle (hierzu s Rn 27; BFH v 04.03.2009, BStBl II 2009, 625 mwN; Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 16, 19. Aufl).

 

Rn. 70

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Erforderlich für die Wirksamkeit ist die Antragstellung auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck (s die Merkblätter und Vordrucke des BZSt unter www.bzst.de) und die Beifügung einer Wohnsitzbestätigung iSd § 50d Abs 4 EStG; in Fällen des § 50g EStG ggf auch einer Betriebsstättenbestätigung. Die Wohnsitz- bzw die Betriebsstättenbestätigung ist auf amtlichen Vordruck von der ausländischen Steuerbehörde einzuholen und stellt den Nachweis für die Ansässigkeit des Vergütungsgläubigers für Zwecke der Abkommensanwendung bzw für Zwecke der §§ 43b, 50g EStG dar.

 

Rn. 71

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Die Freistellung im Abzugsverfahren ist ausschließlich zukunftsbezogen, sie gilt frühestens ab dem Tag, an dem der Antrag beim BZSt eingeht (§ 50d Abs 2 S 4 EStG). Auf im Zeitpunkt der Antragstellung bereits zugeflossene KapErtr oder Vergütungen findet sie keine Anwendung (zum fehlenden Rechtsschutzinteresse einer Klage auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung in diesen Fällen BFH v 25.04.2018, BStBl II 2018, 624).

Nur für den Ausnahmefall eines rechtzeitig vor Auszahlung beim BZSt eingegangenen Freistellungsantrags lässt die FinVerw aus Billigkeitsgründen eine Berichtigung der Steueranmeldung zu (vgl zu den weiteren Voraussetzungen OFD Ka v 02.09.2004, DStR 2004, 1832). Durch eine nachträgliche Antragstellung kann dies ansonsten nicht erreicht werden; die Erteilung einer nachträglichen Freistellungsbescheinigung stellt kein rückwirkendes Ereignis iSd § 175 AO dar (Buciek, IStR 2001, 102; Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 19, 19. Aufl). In solchen Fällen bleibt nur der Weg des Erstattungsverfahrens nach § 50d Abs 1 S 2 EStG.

 

Rn. 72

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Das BZSt entscheidet über den Antrag durch Erteilung einer Freistellungsbescheinigung an den Vergütungsgläubiger, diese kann sich auf eine einmalige Zahlung beziehen oder als Dauerfreistellung gestaltet sein. § 50d Abs 2 S 5 EStG stellt klar, dass der Vergütungsschuldner nur dann vom Steuerabzug Abstand nehmen kann, wenn ihm die Freistellungsbescheinigung vorliegt. Es genügt nicht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Freistellungsbescheinigung vorliegen (FG Sachsen v 16.08.2012, 1 K 817/09, rkr, mwN).

 

Rn. 73

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Die Freistellungsbescheinigung ist im Gegensatz zum Freistellungsbescheid im Erstattungsverfahren nach § 50d Abs 1 S 2 EStG kein Steuerbescheid iSd § 155 AO, sondern ein VA iSd § 118 AO, da sie nur für die Abzugspflicht des Vergütungsschuldners von Bedeutung ist und keine abschließende Entscheidung über die sachliche StPfl des Vergütungsgläubigers enthält (BFH v 11.10.2000, BStBl II 2001, 291; BFH v 20.03.2002, BStBl II 2002, 819). Entsprechendes gilt für die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung. Änderungen sind nur nach den §§ 129131 AO möglich; weder die §§ 172ff AO noch die §§ 169ff AO finden Anwendung. Eine Freistellungsbescheinigung kann daher unabhängig von der Festsetzungsfrist für die abzuführende Steuer erteilt werden (BFH v 11.10.2000, BStBl II 2001, 291).

Rechtsbehelf bei Ablehnung ist Einspruch und Verpflichtungsklage (§ 42 FGO); vorläufiger Rechtsschutz kann nur durch die einstweilige Anordnung nach § 114 FGO erreicht werden (BFH v 13.04.1994, BStBl II 1994, 835). Bei Änderung oder Aufhebung der Freistellungsbescheinigung ist demgegenüber Einspruch bzw Anfechtungsklage zu erheben bzw vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO zu erlangen.

Rechtsbehelfsbefugt ist der Vergütungsgläubiger als Adressat der Freistellungsbescheinigung, daneben aber auch der Vergütungsschuldner aufgrund seiner Drittbetroffenheit durch das Risiko der Haftungsinanspruchnahme (Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 58, Juni 2020; Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 20, 19. Aufl; aA Loschelder in Schmidt § 50d EStG Rz 21, 39. Aufl; BFH v 04.03.2009, BStBl II 2009, 265 Anfechtungsrecht des Vergütungsschuldners für den Widerruf einer Freistellungsbescheinigung, für andere Fälle offen gelassen).

 

Rn. 74

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Nach § 50d Abs 2 S 2 EStG kann die Freistellung unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt und von Auflagen oder Bedingungen abhängig gemacht werden. Nach BMF v 24.01.2012, BStBl I 2012, 171 Tz 14 sind Freistellungsbescheinigungen grundsätzlich unter W...

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