Rn. 109

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Die Fünfjahresgrenze dient der Verhinderung von Missbrauch, da die StPfl nach § 17 EStG durch mehrere hintereinandergeschaltete Schenkungen und Teilveräußerungen durch den Beschenkten vermieden werden könnte. Die maßgebliche Beteiligung muss "innerhalb der letzten fünf Jahre" vor der Anteilsveräußerung bestanden haben.

Es ist nicht erforderlich, dass die maßgebliche Beteiligung iSd § 17 EStG noch bei Veräußerung besteht (sog nachwirkende Steuerverhaftung nach Herzig/Förster, DB 1997, 594).

 

Beispiel:

A ist an der A-GmbH mit 1,5 % beteiligt. Am 01.01.2017 veräußert er die Hälfte seiner Beteiligung. Die Fünfjahresfrist läuft vom 02.01.2017 bis zum 01.01.2022.

Veräußert A seine noch vorhandene Beteiligung von 0,75 % ab dem 02.01.2022, fällt diese Veräußerung nicht mehr unter § 17 EStG.

 

Rn. 110

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Die Berechnung der Fünfjahresfrist erfolgt taggenau nach § 108 AO iVm §§ 187193 BGB. Im Unterschied zur Berechnung der Spekulationsfrist iRd § 23 EStG ist nicht auf das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft, sondern auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen. Maßgebend für den Beginn der Frist ist folglich der Zeitpunkt, in dem der Anteil dem Veräußerer nicht mehr zuzurechnen ist (FG BdW vom 17.09.1997, 5 K 193/97, DStRE 1998, 583 mwN).

a) Dauer der Beteiligung

 

Rn. 111

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Es ist unerheblich, wie lange diese Beteiligung iSd § 17 EStG gehalten wurde, da nach der Rspr des BFH ein Tag bereits ausreicht (BFH vom 11.12.2012, BStBl II 2013, 372; BFH vom 10.12.1969, BStBl II 1970, 310; BFH vom 05.10.1976, BStBl II 1977, 198; BFH vom 07.07.1992, BStBl II 1993, 331; FG BdW vom 14.12.2015, 10 K 62/15, NZB abgewiesen, Az IX B 10/16). Soweit an der Beteiligung auch wirtschaftliches Eigentum besteht, genügt es, dass die Beteiligung nur kurzfristig (in Gestalt einer logischen Sekunde) bestanden hat (sog Durchgangserwerb vgl BFH vom 16.05.1995, IV R 33/94, BStBl II 1995, 870).

Nach Ansicht des BFH ist es jedoch nicht ausreichend, wenn die Beteiligung nur für eine logische juristische Sekunde bestanden hat und insbesondere keine wirtschaftliche Verfügungsbefugnis übertragen wurde (BFH vom 05.10.2011, IX R 57/10, BStBl II 2012, 318). Eine Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass die Anwendung des § 17 Abs 1 EStG nicht gerechtfertigt ist, wenn ein Gesellschafter nur kurzfristig und ohne materiell-rechtliche Berechtigung beteiligt ist (Crezelius, DB 2003, 230 (233)). Nach einer anderen Auffassung ist eine Anwendung des § 17 Abs 1 EStG auch dann gerechtfertigt, wenn der Anteilseigner nicht eine Position innehat, die der eines Mitunternehmers vergleichbar ist (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 201; glA Förster, DB 2011, 259, 263). Diese Meinung verweist auf das Urteil des BVerfG zur Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 10 %, wonach der Gesetzgeber grds nicht gehindert sei, Gewinne aus jeder Veräußerung von Gegenständen des PV zu besteuern (BVerfG vom 07.07.2010, BStBl II 2011, 86).

Letztlich überzeugt die zuletzt genannte Ansicht nicht, da der BFH sich in seiner neueren Rspr von seiner früheren formal-rechtlichen Betrachtungsweise gelöst hat und nunmehr darauf abstellt, dass das wirtschaftliche Eigentum – dh der wirtschaftliche Erfolg aus der Weiterveräußerung – dem Erwerber zusteht (BFH vom 05.10.2011, aaO). Von daher muss auch das wirtschaftliche Eigentum übergehen – wenn auch nur kurzfristig –, um eine Besteuerung iSd § 17 EStG zu begründen.

b) Zeitpunkt der Veräußerung

 

Rn. 112

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Hinsichtlich des Zeitpunkts der Veräußerung ist zu unterscheiden zwischen dem Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts und der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums. Der Rechtsübergang – dh der Wechsel in der Rechtsinhaberschaft – vollzieht sich nicht bei Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (zB Kaufvertrag), sondern erst mit dem Abschluss des dinglichen Abtretungsvertrags der Anteile.

Nach Ansicht der FinVerw und auch der hM in der Literatur folgt insoweit das Steuerrecht den zivilrechtlichen Grundsätzen (Abstraktionsprinzip), sodass es grds nicht auf Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes ankommt, sondern auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (H 17 Abs 2 EStH 2021 "Fünfjahreszeitraum"; Gosch in Kirchhof/Seer, § 17 EStG Rz 67 (22. Aufl); Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 202; Levedag in Schmidt, § 17 EStG Rz 84 (42. Aufl)).

Zu beachten ist jedoch die Rspr des BFH, wonach bereits der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen bei Abschluss des Kaufvertrags (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) gegeben ist, wenn dem Erwerber die Ausübung aller Rechte aus den Anteilen zugestanden wird (BFH vom 10.03.1988, IV R 226/85, BStBl II 1988, 832).

c) Zwischenzeitliche Nichtbeteiligung

 

Rn. 113

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Für § 17 EStG ist es nicht von Bedeutung, dass der Veräußerer die Anteile nacheinander erworben hat, welche zusammengerechnet eine maßgebliche Beteiligung ergeben (gestaffelter Erwerb). Da die Steuerverstrickung nachwirkt, ist es unerheblich, ob der Veräußerer auch ...

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