Rn. 79

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Für das Innehaben (Beibehaltung und Benutzung) einer Wohnung ist es erforderlich, dass sie dem StPfl in objektiver Hinsicht jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und zudem in subjektiver Hinsicht von ihm zu einer entsprechenden Nutzung – dh für einen jederzeitigen Wohnaufenthalt – bestimmt ist (BFH v 10.04.2013, I R 50/12, BFH/NV 2013,1909). In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz.

An der Möglichkeit zur jederzeitigen Wohnnutzung kann es bspw bei einer Wohngemeinschaft fehlen, wenn die geringe Wohnungsgröße kein gemeinsames Wohnen, sondern nur ein gemeinsames Übernachten gestattet (BFH v 10.04.2013, I R 50/12, BFH/NV 2013, 1909 – Standby-Zimmer eines Piloten).

Über das Rechtsinstitut des Familienwohnsitzes kann das "Innehaben einer Wohnung" auch durch einen Familienangehörigen vermittelt werden (zB BFH v 11.04.1984, I R 230/80; ebenso Avvento in Gosch, § 8 AO Rz 30 f und 33). Uneingeschränkt gilt dies jedoch nur für das "Beibehalten" eines bereits vorhandenen Wohnsitzes (BFH v 07.04.2011, III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351).

 

Rn. 80

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Der StPfl muss die Räumlichkeiten zudem ständig oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit als Bleibe nutzen (BFH v 06.03.1968, I 38/65, BStBl II 1968, 439). Angelehnt an § 9 S 2 AO ist von einer regelmäßigen Benutzung idR dann auszugehen, wenn der StPfl die Wohnung zeitlich zusammenhängend – aber nicht notwendig in einem VZ – mindestens sechs Monate nutzt, da in dieser Frist zum Ausdruck kommt, ab welcher Zeitdauer ein Aufenthalt nicht mehr nur vorübergehend ist (zB BFH v 30.08.1989, I R 215/85, BStBl II 1989, 956; BFH v 22.08.2007, III R 89/06, BFH/NV 2008, 351; BFH v 20.11.2008, III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Es ist indes nicht erforderlich, dass der StPfl sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr tatsächlich in der Wohnung aufhält, weil auch unregelmäßige Aufenthalte in einer Wohnung zur Aufrechterhaltung eines dortigen Wohnsitzes führen können (BFH v 28.01.2004, I R 56/02, BFH/NV 2004, 917; BFH v 24.07.2018, I R 58/16, BFH/NV 2019, 104).

Wird die Wohnung weniger als sechs Monate zeitlich zusammenhängend genutzt, so ist über die Regelmäßigkeit der Nutzung vielmehr einzelfallbezogen zu entscheiden (zB BFH v 04.06.1964, IV 29/64 U, BStBl III 1964, 535für den Fall einer regelmäßig mit Unterbrechungen vier Monate im VZ genutzten Zweitwohnung; BFH v 30.11.2010, VI B 100/10, BFH/NV 2011, 574 für den Fall der Beibehaltung über das Institut des Familienwohnsitzes).

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