Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten. Schadensersatzanspruch gegen Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (redaktionell)

Die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters nach § 62 InsO ist eine besondere Art der Durchgriffshaftung, die denjenigen Fällen nahekommt, die durch § 3 ArbGG erfasst werden. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist daher eröffnet, wenn Forderungen aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich des Insolvenzverwalters betroffen sind.

 

Normenkette

InsO § 62; ArbGG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Beschluss vom 11.02.2003; Aktenzeichen 6 Ca 32/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 09.07.2003; Aktenzeichen 5 AZB 34/03)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten/Beschwerdeführers vom 17.02.2003 gegen dieBeschluss des Arbeitsgerichtes Karlsruhe vom11.02.2003 – Az.: 6 Ca 32/03 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte/Beschwerdeführer.

3. Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf EUR 3.200,00.

4. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Gründe

1.

Der Kläger stand mit der Gemeinschuldnerin, der Firma K. KG, in einem Arbeitsverhältis. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.06.2000 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt. Er schloss mit dem Kläger einen befristeten Arbeitsvertrag vom 01.04. bis zum 31.05.2001.

Der Beklagte blieb die Vergütung für die Monate April und Mai in Höhe von 2 × EUR 4.618,21 und die Urlaubsabgeltung in Höhe weiterer EUR 2.770,93 schuldig. Am 09.07.2001 teilte der Beklagte dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an.

Mit Klage vom 03.07.2001 hat der Kläger den Beklagten als Insolvenzverwalter auf Zahlung dieses Betrages verklagt. Der Kläger hat daraufhin mit dem Beklagten als Insolvenzverwalter gemäß 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich des Inhaltes geschlossen, dass die vorgenannten Ansprüche dem Kläger gegen die Insolvenzmasse in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin zustehen – vgl. Abl. 173f der Akte des Arbeitsgerichtes Karlsruhe, Az.: 3 Ca 379/01 –.

Der Kläger nimmt nunmehr mit Klage vom 13.01.2003 vor dem Arbeitsgericht den Beklagten persönlich gemäß § 61 InsO auf Schadenersatz in Anspruch mit folgenden Antrag:

  1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass ihm zustehende Ansprüche gegen die Insolvenzmasse im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma K. KG … aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden.
  2. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger Schadenersatz schuldet in Höhe des Ausfalls, den der Kläger erleidet bezüglich seiner als Masseverbindlichkeiten (im Insolvenzverwalten über das Vermögen der Firma K. KG …) festgestellten Bruttoentgeltanspruch in Höhe von insgesamt EUR 12.007,35.

Das Arbeitsgericht hat auf die Rechtswegrüge des Beklagten mit Beschluss vom 11.02.2003 den Rechtweg zu den Arbeitsgerichten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3a i. V. mit § 3, 1 Alt. ArbGG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis, weil § 61 InsO einen Schadenersatzanspruch kraft Gesetzes zum Gegenstand habe, nicht aber ein Entgeltanspruch aus einem Arbeitsvertrag. Gleichwohl sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten unter Berücksichtigung einer extensiven Auslegung von § 3 ArbGG gegeben, weil § 61 InsO vergleichbar sei der Durchgriffshaftung eines Arbeitnehmers gegen einen Gesellschafter des Arbeitgebers. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen unter II. der Gründe verwiesen.

Gegen diesem am 14.02.2003 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom vom 17.02.2003 im wesentlichen mit folgender Begründung: Der Beklagte (als Privatperson) sei nicht als Rechtsnachfolger i. S. von § 3 ArbGG anzusehen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Es sei allenfalls angebracht, solche Dritte als Rechtsnachfolger zu behandeln, die aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung eine besondere Sachnähe zum Arbeitgeber hätten. Außerdem sei ein arbeitsrechtlicher Schwerpunkt nicht erkennbar, da die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten in seiner Funktion als Partei kraft Amtes im Vergleichswege zugestanden worden seien. Im vorliegenden Fall werde der Beklagte persönlich ausschließlich wegen der Haftungsnorm von § 61 InsO in Anspruch genommen, nicht jedoch wegen Verletzung einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung; eine solcher habe nur bestanden zwischen dem Kläger und dem Beklagten in seiner Funktion als Insolvenzverwalter.

2.

Das Beschwerdegericht schließt sich den überzeugenden Argumenten des Arbeitsgerichtes im angegriffenen Beschluss an.

Gemäß § 61 InsO ist der Insolvenzverwalter (in Person) dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine Massev...

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