Leitsatz

Eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer nach § 41a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG kommt nicht in Betracht, wenn das Schiff im maßgebenden Lohnzahlungszeitraum nicht im internationalen Verkehr betrieben wird. Ein qualifizierter Betrieb an wenigen Tagen im Jahr reicht daher nicht aus, um die einbehaltene Lohnsteuer für das gesamte Wirtschaftsjahr zu kürzen.

 

Normenkette

§ 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Sätze 1 und 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Frachtschiff. Das Schiff ist in das Seeschiffsregister eingetragen und führt die deutsche Flagge. Im Jahr 2010 war es nur in den Monaten Mai und Juni an insgesamt fünf Tagen außerhalb deutscher Hoheitsgewässer tätig. Im Übrigen setzte die Klägerin das Schiff im Inland ein.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Voraussetzungen des von der Klägerin in den monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen in Anspruch genommenen § 41a Abs. 4 EStG lägen nicht vor. Das FA erließ daher einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2010.

In der Einspruchsentscheidung verminderte das FA den Haftungsbetrag für die Monate Mai und Juni 2010 und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Das FG wies die daraufhin erhobene Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.4.2017, 14 K 15/17, Haufe-Index 11197824, EFG 2017, 1386).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin wies der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Gemäß § 41a Abs. 4 Satz 1 EStG dürfen Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer einen Betrag von 40 % der Lohnsteuer der auf solchen Schiffen in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigten Besatzungsmitglieder abziehen und einbehalten. Die Handelsschiffe müssen in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sein, die deutsche Flagge führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden (§ 41a Abs. 4 Satz 2 EStG).

2. Die Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer ist allerdings nur in den Lohnzahlungszeiträumen zulässig, in denen das Schiff zu den im Gesetz genannten Zwecken tatsächlich eingesetzt worden ist. Denn die Lohnsteuer-Anmeldung hat nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG alle lohnsteuerpflichtigen Sachverhalte zeitraumbezogen zu erfassen; der Anmeldungszeitraum bestimmt sich dabei nach § 41a Abs. 2 EStG und ist grundsätzlich der Kalendermonat. Demgemäß hat der Arbeitgeber in der Lohnsteuer-Anmeldung nicht nur die Summe der einzubehaltenden Lohnsteuer, sondern auch den Kürzungsbetrag nach § 41a Abs. 4 EStG einzutragen.

3. Ein nur vereinzeltes, sporadisches und kurzfristiges Betreiben des Schiffs im internationalen Verkehr erlaubt daher nicht, die einbehaltene Lohnsteuer für ein komplettes Wirtschaftsjahr zu kürzen.

Zeitlich befristete Neuregelung

Ab Juni 2016 beträgt der Abzug nicht mehr nur 40 % vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer, sondern 100 %. Auch die 183-Tage-Regelung ist entfallen (Urbahns,NWB 2016, 1578). Die Neuregelung gilt zeitlich befristet für die Dauer von 60 Monaten (BT-Drucks. 18/7268, S. 5). Die EU-Kommission hat die Neuregelung mit folgenden Einschränkungen genehmigt:

  • Bei Seeleuten, die auf Schiffen (einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen) arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen der Gemeinschaft eingesetzt werden, darf die Lohnsteuer nach § 41a Abs. 4 EStG nur einbehalten werden, wenn die Seeleute Gemeinschafts-/EWR-Bürger sind.
  • § 41a Abs. 4 EStG gilt hinsichtlich der Seeschiffe, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, mit der Einschränkung, dass es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handeln muss und die Schiffe während mindestens 50 % ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden. Ab dem Lohnzahlungszeitraum Juni 2021 kommt wieder die ursprüngliche Regelung zur Anwendung.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.12.2019 – VI R 30/17

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