Leitsatz

Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung an einem Finanzdienstleistungsinstitut, das ausschließlich staatlich nach dem KWG beaufsichtigte Finanzdienstleistungen erbringt, vom Mitunternehmer geleistet werden, sind nach § 19 Abs. 4 GewStDV von der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ausgenommen.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 Buchst. a und c, § 6, § 7 Satz 1, § 35b Abs. 2 Satz 2, § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, § 36 Abs. 10 GewStG, § 19 Abs. 3 Nr. 4 (i.d.F. JStG 2009), § 19 Abs. 4, § 36 Abs. 3 Satz 2 GewStDV, § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 40 Abs. 2, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO, § 133, § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 1a KWG

 

Sachverhalt

An einer GmbH & Co. KG, die ausschließlich Finanzierungsleasing betrieb, hatte sich eine andere KG still beteiligt. Ob es sich um eine typisch oder atypisch stille Beteiligung handelte, war bis zum Ergehen der BFH-Entscheidung ungeklärt. Die stille Gesellschafterin hatte ihre Einlage mit Kredit fremdfinanziert.

Die KG ging davon aus, dass es sich um eine atypisch stille Beteiligung handelte, und erklärte die Schuldzinsen für die Refinanzierung als Sonderbetriebsausgaben der stillen Gesellschafterin. Gewerbesteuerlich war die KG der Auffassung, die Schuldzinsen seien wegen des Privilegs von § 19 Abs. 4 GewStDV nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzuzurechnen.

Das FA ging ebenfalls von einer atypisch stillen Beteiligung aus, nahm aber eine Hinzurechnung der als Sonderbetriebsausgaben behandelten Schuldzinsen vor, weil diese nicht "unmittelbar" auf die Finanzdienstleistungen der KG entfielen. Die entsprechenden GewSt-Messbescheide und Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts ergingen an die zwischenzeitliche Rechtsnachfolgerin der KG und enthielten keinen äußerlich erkennbaren Hinweis darauf, ob sie die atypisch stille Gesellschaft oder die KG selbst betrafen. Einspruch und Klage beim FG hatten keinen Erfolg (FG München, Urteil vom 31.5.2017, 9 K 3183/15, Haufe-Index 12475107).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Es müsse geklärt werden, ob eine typisch oder atypisch stille Beteiligung vorgelegen habe.

Im Fall einer typisch stillen Gesellschaft sei die Klage abzuweisen. Die Refinanzierungskosten minderten dann nicht den Gewerbeertrag; die Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin seien vielmehr Betriebsausgaben der KG und nach § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG hinzuzurechnen. Insgesamt ergebe sich in diesem Fall kein den bisher berücksichtigten Gewerbeertrag unterschreitender Betrag.

Im Fall einer atypisch stillen Beteiligung sei der Klage hingegen stattzugeben. Denn die KG könne sich auf das Privileg des § 19 Abs. 4 GewStDV berufen. Dieses erfasse auch Schuldentgelte eines Mitunternehmers für die Finanzierung seiner Einlage.

 

Hinweis

1. Das Urteil klärt eine bislang streitige Frage über den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 4 GewStDV bei Finanzdienstleistungsinstituten. Außerdem enthält es Ausführungen zu den gewerbesteuerlichen Unterschieden zwischen typisch und atypisch stillen Beteiligungen an Personengesellschaften sowie damit verbundenen verfahrensrechtlichen Fragen, die keinen Neuigkeitswert haben und auf die hier deshalb nicht näher eingegangen wird.

2. Die von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG geregelte Hinzurechnung eines Viertels der Entgelte für Schulden ist für Kreditinstitute schon lange nach § 19 Abs. 1 GewStDV auf die Entgelte für solche Schulden beschränkt, die zur Finanzierung des nicht zur Weitergabe an Kunden bestimmten Vermögens gedient haben (sog. Bankenprivileg). Diese Beschränkung ist mit § 19 Abs. 4 GewStDV auf der Aufsicht durch die BaFin unterliegende Finanzdienstleistungsinstitute (z.B. wie im Urteilsfall Finanzierungsleasinggesellschaften) erweitert worden, soweit die Entgelte "unmittelbar auf Finanzdienstleistungen" entfallen. Weitere Bedingung ist, dass die Umsätze des Unternehmens zu mindestens 50 % auf Finanzdienstleistungen entfallen.

3. Nimmt das Finanzdienstleistungsunternehmen Fremdkapital zur Erbringung seiner Finanzdienstleistungen auf, werden die betreffenden Entgelte danach nicht hinzugerechnet. Das war schon immer unstreitig.

Streit bestand aber darüber, ob das auch bei der refinanzierten Aufnahme mitunternehmerischen Eigenkapitals gilt, ob also die als Sonderbetriebsausgaben abzuziehenden Zinsen für den Kredit, mit dem der Mitunternehmer seine Einlage finanziert, ebenfalls privilegiert sind. Für Banken hatte dies der BFH schon vor Jahren so entschieden (BFH, Urteil vom 23.8.2000, I R 98/96, BStBl II 2002, 207, BFH/NV 2001, 271, BFH/PR 2001, 58). Gleiches gilt nun nach dem hiesigen Urteil auch für Finanzdienstleistungsunternehmen.

Nur anteiliger Hinzurechnungsausschluss bei gemischter Umsatztätigkeit

Begünstigt sind nur Finanzdienstleistungsunternehmen, deren Umsätze zu mindestens 50 % auf Finanzdienstleistungen entfallen. Werden nicht ausschließlich Finanzdienstleistungsumsätze erbracht, unterbleibt eine Hinzurechnung nur ante...

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