Leitsatz

1. Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht.

2. Fahrten des Arbeitnehmers zwischen seiner Wohnung und dem Betriebs- bzw. Firmensitz, von dem aus die Auswärtstätigkeit auf wechselnden Tätigkeitsstätten angetreten wird, betreffen die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Ansatz der Entfernungspauschale).

3. Für die Wege zwischen dem Betriebs- bzw. Firmensitz als regelmäßiger Arbeitsstätte des Arbeitnehmers und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten kann nicht die Entfernungspauschale angesetzt werden; abziehbar sind die hierfür nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Aufwendungen.

4. Bei Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber scheidet mangels Aufwand des Arbeitnehmers ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten aus.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde im Streitjahr 2002 auf wechselnden Baustellen seines Arbeitgebers eingesetzt. Er benutzte für seine Fahrten von der Wohnung zum Betriebssitz sein eigenes Kfz. Die Fahrten vom Betriebssitz zu den wechselnden Baustellen wurden mit Firmenwagen im Weg einer Sammelbeförderung durchgeführt. In der ESt-Erklärung beantragte der Kläger, für die Wege zwischen seiner Wohnung und den verschiedenen Baustellen die Entfernungspauschale anzusetzen.

Das FA berücksichtigte die Entfernungspauschale nur für die Wege zwischen der Wohnung und dem Betriebssitz, nicht jedoch für die Fahrten im Rahmen der Sammelbeförderung in Firmenwagen. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Entscheidung Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Die Wege von der Wohnung zum Betriebssitz sowie von dort zu den wechselnden Tätigkeitsstätten seien jeweils eigenständig zu beurteilen. Die Entfernungspauschale komme nur für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsitz in Betracht, nicht jedoch für die Fahrten zu den Baustellen. Der Betriebssitz des Arbeitgebers stelle auch die "regelmäßige Arbeitsstätte" des Klägers dar; denn diesen habe er – anders als die wechselnden Baustellen – ständig aufgesucht.

Die Fahrten vom Betriebssitz zu den wechselnden Tätigkeitsstätten würden nicht vom Typus der Fahrten des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfasst. Überdies sei bei diesen Fahrten die Wohnung des Klägers weder Ausgangs- noch Endpunkt. Für diese (inner-)betrieblichen Fahrten zur auswärtigen Tätigkeitsstätte sei die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG anzuwenden mit der Folge, dass bei einem Arbeitnehmer die tatsächlich entstandenen Kosten als Werbungskosten abziehbar seien. Da der Arbeitgeber diese Fahrten aber (mittels Sammelbeförderung) durchgeführt habe, seien dem Kläger insoweit keine Aufwendungen entstanden.

 

Hinweis

1. Insbesondere in dieser Entscheidung definiert der BFH genauer, was unter einer Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu verstehen ist. Schon früher wurde nach ständiger Rechtsprechung des BFH hierunter (nur) die regelmäßige Arbeitsstätte verstanden. Hieran hat sich auch für die neue Rechtslage nichts geändert. Unter der "regelmäßigen Arbeitsstätte" wird der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers verstanden (vgl. auch R 37 Abs. 2 Satz 1 LStR). Eine entsprechende Regelung mit gleichen Voraussetzungen betr. Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen enthält nunmehr auch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG (JStG 1996) i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG. Auch dort wird gefordert, dass der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig wird.

2.Neudefinition der "regelmäßigen Arbeitsstätte": Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat; dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers. Dabei ist es nicht von Belang, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte beruflich tätig wird (so bereits Urteil vom 2.2.1994, VI R 109/89, BStBl II 1994, 422). Nicht entscheidend ist auch, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer dort im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat bzw. welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukommt. Wo der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit liegt, bestimmt sich nicht nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung (anders R 37 Abs. 2 Satz 3 LStR).

Entscheidend – und zwar sowohl für die Berücksichtigung von Fahrtkosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als auch von Verpflegungsmehraufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG – ist demnach, ob ein Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers oder sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtungen, denen er zugeordnet ist, nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Der Betrieb oder eine or...

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