BMF, 7.12.2000, IV A 2 - S 2810 - 4/00

Bezug: BMF-Schreiben vom 2.11.2000, IV C 6 – S 2810 – 6/00
FinMin Sachsen vom 24.11.2000, 33 – S 2810 – 4/17 – 65224

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19.8.1999, I R 77/96 entschieden, dass von den Beteiligungsverhältnissen abweichende inkongruente Gewinnausschüttungen und inkongruente Wiedereinlagen steuerrechtlich anzuerkennen sind und grundsätzlich auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO darstellen, wenn andere als steuerliche Gründe für solche Maßnahmen nicht erkennbar sind.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung des BFH-Urteils vom 19.8.1999 Folgendes:

Die Grundsätze des BFH-Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht allgemein anzuwenden.

Inkongruente Gewinnausschüttungen können steuerlich dann anzuerkennen sein, wenn für eine vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung besondere Leistungen eines oder mehrerer Gesellschafter für die Kapitalgesellschaft ursächlich sind. Dabei müssen die für die abweichende Gewinnverteilung sprechenden Gründe im Verhältnis zwischen der den Gewinn ausschüttenden Kapitalgesellschaft und den begünstigten Gesellschaftern bestehen. Derartige für eine inkongruente Gewinnausschüttung beachtlichen Gründe können dann angenommen werden, wenn einem Gesellschafter im Hinblick auf zusätzliche Beiträge zum Gesellschaftszweck eine Mehrbeteiligung am Gewinn der Kapitalgesellschaft eingeräumt wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Gesellschafter der Kapitalgesellschaft wertvolle Grundstücke unentgeltlich zur Nutzung überlässt oder wenn er unentgeltlich die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft übernimmt.

Dagegen liegen beispielsweise keine wirtschaftlich beachtlichen Gesellschafterleistungen vor, wenn eine inkongruente Gewinnausschüttung mit einer inkongruenten Einlage verbunden wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Kapitalgesellschaft sich in einem geringen Umfang an einer anderen Kapitalgesellschaft gegen Einlage beteiligt, die sie fremdfinanziert hat, in Höhe der erbrachten Einlage eine Sonderausschüttung zur Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben erhält und die empfangende Kapitalgesellschaft die Dividendeneinnahmen auf Grund des angefallenen Aufwands ohne steuerliche Belastung vereinnahmt.

Liegen keine wirtschaftlich beachtlichen Gesellschafterleistungen für die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnausschüttung vor, sind die Ausschüttungen den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft zuzurechnen.

Wird – wie auch im Urteilsfall geschehen – die inkongruente Gewinnausschüttung zugunsten eines Gesellschafters mit einer inkongruenten Einlage dieses Gesellschafters ausgeglichen, ergeben sich folgende Besteuerungsfolgen:

  • Der auf die Gewinnbeteiligung verzichtende Gesellschafter hat seine Gewinnbeteiligung gegen die Zusage einer disquotalen Einlage veräußert. Er realisiert durch diese Veräußerung den Tatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG.
  • Der die Gewinnbeteiligung erwerbende Gesellschafter erzielt in Höhe der so erworbenen Dividende keine Kapitaleinkünfte; er realisiert lediglich eine Forderung. Im Zeitpunkt des Zugangs der disquotalen Gewinnausschüttung ist diese mit der Forderung zu verrechnen, so dass sich insoweit keine gewinnmäßigen Auswirkungen ergeben.

Die vorstehenden Besteuerungsfolgen treten auch dann ein, wenn die inkongruente Einlage der inkongruenten Gewinnausschüttung zeitlich vorangeht.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2

 

Fundstellen

BStBl I, 2001, 47

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