BMF, Schreiben v. 17.06.1991, IV B 2 - S 1901 - 96/91, BStBl 1991 I S. 598
Unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der neuen Bundesländer werden für die steuerliche Gewinnermittlung für das erste Halbjahr 1990 im beigetretenen Teil Deutschlands die in der Anlage beigefügten Hinweise herausgegeben. Die Hinweise sind zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I bestimmt. Wegen der Veröffentlichung im übrigen verweise ich auf mein Schreiben vom 4.6.1991, IV B 2 - S 1901 87/91.
Hinweise für die steuerliche Gewinnermittlung für das erste Halbjahr 1990 im beigetretenen Teil Deutschlands
1 Allgemeines
Nach Anlage I, Kap. IV, Sachgebiet B, Abschn. II, Nr. 14 des Einigungsvertrags vom 31.8.1990 tritt das Recht der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Besitz- und Verkehrsteuern im beigetretenen Teil Deutschlands grundsätzlich am 1.1.1991 in Kraft. Bis dahin gilt sowohl für die Einkommensbesteuerung als auch für die Ermittlung der Einkünfte das Recht der ehemaligen DDR. Für die Einkommensbesteuerung des Kalenderjahres 1990 werden deshalb die bisherige Bundesrepublik Deutschland und die ehemalige DDR zueinander wie zwei fremde Staaten behandelt.
Die Einführung der Deutschen Mark in der ehemaligen DDR zum 1.7.1990 machte es notwendig, das Rechnungswesen der Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in der ehemaligen DDR neu zu ordnen. Mit Wirkung ab 1. Juli 1990 wurden daher im wesentlichen die Gewinnermittlungsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland übernommen (Steueranpassungsgesetz vom 22.6.1990, Sonderdruck GBl Nr. 1427). Gleichzeitig war es erforderlich, zum 1. Juli 1990 die Vermögensgegenstände und Schulden im Rahmen der zu erstellenden D-Markeröffnungsbilanz neu zu bewerten. Steuerpflichtige, die ab 1.7.1990 ihren Gewinn durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und -ausgaben ermitteln, haben die Wirtschaftsgüter unter Angabe ihres Wertes zum 1.7.1990 in ein Anlageverzeichnis (bisher: Inventar) aufzunehmen. Grundlage ist das D-Markbilanzgesetz (DMBilG) in der Fassung des Einigungsvertragsgesetzes (BGBl 1990 II S. 885, BStBl 1990 I S. 654), geändert durch § 4 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22.3.1991 (BGBl 1991 I S. 766, BStBl 1991 I S. 449).
Auf den 30.6.1990 haben nach der Verordnung des Ministerrates vom 27.6.1990 (GBl I Nr. 40 S. 593) bilanzierende Unternehmen auf der Grundlage der Rechnungsführungsvorschriften der ehemaligen DDR einen Abschluß, nichtbilanzierende Unternehmen entsprechend den für sie geltenden Vorschriften grundsätzlich ein Inventar auf Mark-Grundlage zu erstellen.
Für Unternehmen, die vor dem 1.7.1990 im beigetretenen Teil Deutschlands bestanden haben, hat dies für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung zur Folge, daß der Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) 1990 zwei Wirtschaftsjahre umfaßt; das erste läuft vom 1. Januar bzw. ab späterer Gründung bis zum 30.6.1990 und das zweite vom 1. Juli bzw. ab späterer Gründung bis 31.12.1990 § 53 DMBilG). Das gilt auch für Land- und Forstwirte sowie Gewerbetreibende, die ihren Gewinn gem. § 4 a EStG-DDR i.d.F. des § 3 Steueranpassungsgesetz nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln. Die durch die Umstellung zum 1.7.1990 bedingten Vermögensänderungen unterliegen nicht der Einkommens- und Ertragsbesteuerung § 51 DMBilG).
Steuerpflichtige, die im ersten Halbjahr 1990 in der ehemaligen DDR und Berlin (Ost) beschränkt steuerpflichtig waren, weil sie dort eine Betriebsstätte hatten, haben den Gewinn der Betriebsstätte ebenfalls entsprechend dem Recht der ehemaligen DDR zu ermitteln. Vor dem 1.7.1990 war der Begriff der Betriebsstätte in § 73 b Abs. 4 AO-DDR i.d.F. vom 18.9.1970 maßgebend. Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen auch Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG-DDR in der Fassung vom 18.9.1970 (Sonderdruck GBl Nr. 670), die in der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) ausgeübt oder verwertet worden ist (§ 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 49 Nr. 3 EStG-DDR), soweit die Besteuerung nicht nach der Verordnung über die Besteuerung des Arbeitseinkommens vom 22.12.1952 (GBl Nr. 182 S. 1413) vorzunehmen ist.
Diese Hinweise sollen den in RdNr. 2.1 bis 2.2.4 genannten Personenkreis über die Grundsätze der Rechnungsführungsvorschriften der ehemaligen DDR informieren, die von dem ab 1.7.1990 geltenden Recht deutlich abweichen. Auf die Darstellung von nur kleine
Berufsgruppen betreffende Besonderheiten wird dabei verzichtet.
2 Rechnungsführung für das erste Halbjahr 1990
2.1 Bilanzierende Steuerpflichtige
- Produktionsgenossenschaften des Handwerks,
- Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften,
- Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften,
- Einkaufs- und Liefergenossenschaften des Handwerks,
- Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
- Zweckvermögen und sonstige juristische Personen des Zivilrechts,
- Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen, die selbst von der Körperschaftsteuer ...