vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Erträgen aus Aktiengeschäfte einer gemeinnützigen Körperschaft. - siehe Aktenzeichen des BFH: I B 57/18

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist die wirtschaftliche Betätigung einer Körperschaft nicht dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar der Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, ist die Körperschaft wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO mit ihren gesamten Einkünften steuerpflichtig. Eine Aufteilung des Ertrags aus der Betätigung der Körperschaft in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil hat nicht zu erfolgen.

2. Der Umfang von Aktientransfers in Milliardenhöhe ist ein wesentliches Indiz dafür, dass die Tätigkeit der Körperschaft vorrangig auf den professionellen Wertpapierhandel gerichtet ist; dies gilt jedenfalls dann, wenn für diese Finanzgeschäfte keine vorhandenen Vermögenswerte genutzt werden.

3. Der Umstand, dass die Aktiengeschäfte besondere berufliche Fachkenntnisse erfordern und die für die Körperschaft handelnden Personen ihre erworbenen Fachkenntnisse zur Abwicklung der Geschäfte einsetzen, ist ein wesentliches Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit.

4. Vermögensverwaltung erfolgt regelmäßig durch den Einsatz eigenen Vermögens und nicht durch kreditfinanzierten Aktienankauf und Aktienverkauf.

5. Das entscheidende Merkmal für den Erwerb wirtschaftlichen Eigentums ist das Innehaben des mit dem Eigentum verbundenen Ausschließungsrechts, das bei Aktienverkäufen regelmäßig erst, zum Zeitpunkt des Besitzerwerbs mit Einbu-chung in das Depot des Erwerbers erlangt wird.

6. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG gewährt eine Einkünftezurechnung abweichend vom Anteilseigner im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses und ist somit ein Lückenschluss für den Fall, dass der Aktienerwerber nach dem Divi-dendenstichtag eine Dividendenkompensationszahlung erhält.

7. Aktiengeschäften ist die steuerliche Wirksamkeit zu versagen, wenn ihnen ein initiiertes Gesamtvertragskonzept zugrunde liegt, das dem Erwerb von wirt-schaftlichem Eigentum durch den Aktienkäufer vor dem Dividendenstichtag - mit Blick auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG - oder zu einem späteren Zeitpunkt - mit Blick auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 i.V.m. S. 4 EStG - von vornherein dergestalt entgegensteht, dass ein lediglich ein zivilrechtlicher Durchgangserwerb vorliegt.

8. Zur Verhinderung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums bei Aktiengeschäften bedarf es eines Ausschlusses, zumindest einer höhenmäßigen Begrenzung der Ausnutzung der Wertsteigerungschancen und Wertminderungsrisiken im Hinblick auf den Kursverlauf der Aktien.

9. Ein Eigenhandelserfolg i.S.d. § 8b Abs. 7 KStG erfordert eine Handelsabsicht, die darauf abzielt, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis von Aktien zu nutzen, um daraus einen Gewinn zu erzielen.

10. Zielen die Geschäfte nicht auf die Handelserfolg aus dem Wiederverkauf der Aktien ab, sondern ist mit den Geschäften die Vereinnahmung der Dividendenzahlung beabsichtigt, um deren Besteuerung beim Voreigentümer zu vermeiden, greift § 8b Abs. 7 KStG nicht ein.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 4; AO §§ 14, 60a, 55-56; KStG § 8b Abs. 7, § 8 Abs. 3 S. 3; AO § 39

 

Streitjahr(e)

2017

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.03.2020; Aktenzeichen I B 57/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von nachträglichen Vorauszahlungen. Streitig ist insbesondere, ob von der Antragstellerin (AStin) durchgeführte Wertpapiergeschäfte und der daraus resultierende Bezug von Zahlungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs angefallen sind oder ob es sich um Einnahmen aus nicht steuerpflichtiger Vermögensverwaltung einer gemeinnützigen Körperschaft handelt. Für den Fall des Vorliegens von Gewinnen aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb streiten die Beteiligten um deren Höhe.

Die AStin wurde mit notariellem Vertrag vom …2015 errichtet. Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 Nr. 1 der Satzung die selbstlose Unterstützung und Förderung von Kunst und Kultur. Nach § 2 Nr. 2 der Satzung soll dieser Gesellschaftszweck insbesondere verwirklicht werden durch

- die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen künstlerischen oder kulturellen Charakters, wie Ausstellungen, Vorträge, Workshops und Künstlergespräche bzw. die Unterstützung solcher Veranstaltungen

- die Organisation und Durchführung von Ausstellungen, Vorträgen, Workshops und Künstlergesprächen der bildenden Künste, Malerei, Zeichnung, Grafik, Bildhauerei, Gestaltung sowie zeitgenössischer

Formen und Entwicklung von Kunst sowie deren Unterstützung,

- die Organisation von und Mitwirkung an Vorhaben zur Dokumentation und Präsentation von Kunst,

- die Organisation von Ausstellungsmöglichkeiten für Nachwuchskünstler,

- die Organisation und Durchführung von Kunstprojekten oder die Unterstützung derselben.

Alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der AStin ist ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge