FinMin Schleswig-Holstein, 25.2.2020, VI 314 - S 2810 - 011

Auswirkungen der EuGH-Urteile vom 6. März 2007 (Rs. C-292/04 – Meilicke I) und vom 30. Juni 2011 (Rs. C 262/09 – Meilicke II)

Urteil des FG Köln vom 27. August 2012 (2 K 2241/02);

Schlussurteil des BFH zu den EuGH-Urteilen Meilicke I und Meilicke II vom 15. Januar 2015 (I R 69/12);

Verfassungsbeschwerde; Aktenzeichen BVerfG: 2 BvR 1452/15

Urteil des FG Münster vom 19. Januar 2012 (5 K 105/07 E);

Urteil des BFH vom 18. August 2015 (I R 38/12)

Bezug: Körperschaftsteuer-Kurzinformation 2009 Nr. 13 und Körperschaftsteuer-Kurzinformation 2012 Nr. 3

Der EuGH hat mit Urteilen vom 6. März 2007 und 30. Juni 2011 in den Rechtssachen „Meilicke I und II„ entschieden, dass die Beschränkung des bis zum Jahr 2000 geltenden Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahrens auf Inlandssachverhalte (§ 36 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 EStG a. F.) nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist und dass deshalb bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseigner (natürliche Person oder Körperschaft) auch ausländische Körperschaftsteuer anzurechnen ist, wenn die ausschüttende Körperschaft ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der EU hat.

Mit Urteil vom 15. Januar 2015 hat der BFH im Anschluss an die sog. „Meilicke”-Entscheidungen des EuGH zu den Anforderungen an die zur Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer einzureichenden Unterlagen Stellung genommen (vorgehend: FG Köln, Urteil vom 27. August 2012). Letztlich hat der BFH die Revision mangels entsprechender Nachweise in vollem Umfang als unbegründet zurückgewiesen.

Nicht ausreichend für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer sei, wenn eine Bank die anrechenbare ausländische Steuer lediglich aus dem Körperschaftsteuergesetz ableite und bescheinige. Denn hieraus ergebe sich nicht, dass die Steuer von dem ausländischen Unternehmen auch tatsächlich entrichtet wurde. Das BFH-Urteil ist noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

In einem weiteren Verfahren hat das FG Münster mit Urteil vom 19. Januar 2012 ebenfalls zu der Frage der Anrechnung von ausländischer Körperschaftsteuer Stellung genommen.

Demnach sei zum Nachweis der ausländischen Körperschaftsteuer zwar keine Steuerbescheinigung nach § 44 KStG a. F. erforderlich, jedoch könne vom Dividendenempfänger verlangt werden, dass er Belege vorlegt, anhand derer die Voraussetzungen für die Körperschaftsteueranrechnung eindeutig und genau überprüft werden können.

Die vom FG Münster zugelassene Revision hat der BFH mit (nicht amtlich veröffentlichten) Urteil vom 18. August 2015 (I R 38/12) zurückgewiesen und eine Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer wegen fehlenden Nachweises ebenfalls nicht zugelassen. Der BFH folgt dabei im Wesentlichen den Ausführungen in seiner Entscheidung vom 15. Januar 2015.

Gegen das Urteil des BFH vom 15. Januar 2015 (I R 69/12) wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (2 BvR 1452/15). Die Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 29. März 2016 nicht zur Entscheidung angenommen. Die Entscheidung hierüber ist unanfechtbar.

Eine Entscheidung darüber, welche materiell-rechtlichen Anforderungen an den Nachweis, aus dem sich die körperschaftsteuerliche Vorbelastung der empfangenen ausländischen Dividende ergibt, zu stellen sind ist bisher noch nicht getroffen worden.

Über Anträge, die nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen abgelehnt werden können, kann daher nach wie vor nicht entschieden werden.

Anträge auf Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf Grundlage der „Meilicke-Rechtsprechung”, in Fällen, in denen jedoch allein aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Anrechnung nicht in Betracht kommt, können nach den nachstehenden Grundsätzen entschieden werden:

Bei der Bearbeitung der noch offenen Anträge auf Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf Grundlage der „Meilicke-Rechtsprechung” sind folgende Fallgruppen 1 bis 3 zu unterscheiden:

Fallgruppe 1:

Anträge auf Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer in bestandskräftigen und nicht bestandskräftigen Fällen bis einschließlich VZ 1995

  1. Wurde der Antrag auf Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld eines VZ nach Eintritt der Zahlungsverjährung für diese Steuerschuld gestellt, ist der Antrag abzulehnen.
  2. Soweit keine Zahlungsverjährung für diese Steuerschuld eingetreten ist, ist die Ablehnung eines auf § 130 Absatz 1 AO gestützten Antrags auf Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer in der Regel ermessensgerecht, wenn im Rahmen eines auf § 130 Absatz 1 AO gestützten Antrags nur solche Umstände vorgetragen werden, die im Rechtsmittelverfahren hätten geltend gemacht werden können und wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die erstmalige Anrechnungsverfügung nach den Umständen des Einzelfalls hätte erwartet werden können.
  3. Soweit keine Zahlungsverjährung für diese Steuerschuld eingetreten ist und dem Antrag nach § 130 Absatz 1 AO dem Grunde nach stattzugeben ist, ist über den Antrag momentan nicht zu entscheiden. Welche materiell-rechtli...

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