Rz. 323

Liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG vor, wird der Anteilstausch zwingend steuerneutral behandelt. Ohne die Vorschrift des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG würde der einem Anteilstausch zugrunde liegende gesellschafts- oder wertpapierrechtliche Vorgang regelmäßig eine Steuerpflicht nach § 20 EStG auslösen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn eine Sonderregel im Einzelfall eine steuerneutrale Behandlung des Vorgangs erlaubte. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an §§ 13, 15 und 21 UmwStG. § 20 Abs. 4a S. 1 EStG schließt eine Besteuerung dagegen in jedem Fall aus, indem er anordnet, dass die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile treten (Fußstapfen-Theorie). Anders als in den Fällen des § 20 Abs. 4a S. 3, 4, und 5 EStG wird also nicht lediglich eine Bemessungsgrundlage von "Null" EUR fingiert. § 20 Abs. 4a S. 1 EStG setzt vielmehr einen Schritt früher an und bestimmt, dass der Tatbestand des § 20 EStG im Fall eines Anteilstauschs nicht verwirklicht ist.[1] Welcher Tatbestand dies im Einzelfall ist, hat im Rahmen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG keine Bedeutung. Bei den Vorgängen, die einem Anteilstausch zugrunde liegen, ist vielfach umstritten, ob diese zu einem laufenden Kapitalertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG oder einem Veräußerungsgewinn i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG führen. Während die wohl h. M. in einer Verschmelzung z. B. einen echten Tauschvorgang erblickt, was zu Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG führen würde, sehen andere hierin eine Liquidation, was eine Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zur Folge hätte.[2] Im Rahmen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG kommt es hierauf nicht an. Da sich die beschriebenen Probleme beim KapESt-Abzug unabhängig davon stellen, ob man von einem laufenden Kapitalertrag oder von einem Veräußerungsgewinn ausgeht, muss § 20 Abs. 4a S. 1 EStG in beiden Fällen Anwendung finden. Eine genaue Einordnung des Vorgangs ist daher entbehrlich, solange nur dem Grunde nach Einkünfte i. S. d. § 20 EStG vorliegen.[3]

 

Rz. 324

Die Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG hat zur Folge, dass eine Besteuerung erst erfolgt, wenn der Stpfl. die im Rahmen des Anteilstauschs erhaltenen Anteile weiterveräußert. Bis dahin bleiben die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven steuerverstrickt. Die Besteuerung der erhaltenen Anteile im Fall der Weiterveräußerung erfolgt nach § 20 Abs. 4a S. 1 EStG ungeachtet der Bestimmungen eines DBA. § 20 Abs. 4a S. 1 EStG konstituiert damit einen Treaty Override.[4] Sofern ein DBA den Gewinn aus der Weiterveräußerung der erhaltenen Anteile einem ausl. Staat zuweist, wie etwa Art. 13 Abs. 3 DBA-Tschechien und Art. 13 Abs. 3 DBA-Slowakei, hat dies keine Bedeutung. Der Weiterveräußerung der erhaltenen Anteile stehen dabei die in § 15 Abs. 1a S. 2 EStG bezeichneten Ersatztatbestände gleich. Auch für den Fall der verdeckten Einlage, der Auflösung, der Kapitalherabsetzung, der Kapitalrückzahlung und der Rückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto behält sich die Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht vor. Transaktionskosten, die im Rahmen eines Anteilstauschs anfallen, kann der Stpfl. dabei nicht als Aufwendungen i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 EStG, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Veräußerungsgeschäft stehen, geltend machen, da es in den Fällen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG an einer Veräußerung der hingegebenen Anteile fehlt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die anfallenden Transaktionskosten dem Erwerb der im Rahmen des Anteilstauschs erhaltenen Anteile dienen, die nach § 20 Abs. 4a S. 1 EStG steuerlich an die Stelle der hingegebenen Anteile treten. Es handelt sich daher um nachträgliche Anschaffungskosten, die nach § 20 Abs. 4 S. 1 EStG bei der Weiterveräußerung der erhaltenen Anteile abgezogen werden können.[5]

 

Rz. 325

Liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG vor, kommen die §§ 13 und 21 UmwStG nicht zur Anwendung. § 13 UmwStG ermöglicht eine steuerneutrale Behandlung der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft, falls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind und der Stpfl. einen entsprechenden Antrag stellt. Gleiches gilt nach § 21 UmwStG für die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft in eine andere Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft. Sofern die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG vorliegen, finden diese Vorschriften keine Anwendung. Nicht abschließend geklärt ist, ob durch § 20 Abs. 4a S. 1 EStG auch eine Anwendung von § 15 UmwStG und § 12 Abs. 2 KStG ausgeschlossen ist. § 15 UmwStG gestattet eine steuerneutrale Behandlung der Aufspaltung, Abspaltung oder Teilübertragung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaften, falls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Entsprechendes gilt nach § 12 Abs. 2 KStG bei der Verschmelzung einer beschränkt stpfl. Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auf eine andere Körperschaft desse...

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