1 Rechtsgrundlagen

 

Rz. 1

Das Umwandlungssteuergesetz 2006 ist als Art. 6 des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG[1]) vom 2.11.2015 eingeführt worden. Verwaltungsseitig wird das UmwStG 2006 durch den UmwSt-Erlass 2011 ergänzt[2], der indes erst 5 Jahre nach der Gesetzesreform für die Praxis die Verwaltungssicht festhält (s. Rz. 8).

[1] BGBl I 2015, 1834.
[2] Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) v. 11.11.2011, IV C 2 – S 1978/b/08/10001, BStBl I, 1314, geändert durch BMF v. 10.11.2016 (BStBl I 2016, 1252) und BMF v. 23.2.2018 (BStBl I 2018, 319).

2 Historie

 

Rz. 2

Das UmwStG 1969[1] ordnete erstmals steuerrechtliche Regelungen für die Umwandlung von Kapitalgesellschaften nach dem heutigen Regelungsumfang an.[2]  Nach dem UmwStG 1977[3] war die steuerneutrale Umstrukturierung von Unternehmen nur bei Umwandlung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften möglich. Diesbezüglich wurde sichergestellt, dass es zu keiner doppelten steuerlichen Belastung bei der Körperschaft und bei den Anteilseigern kommt.[4]  Im Anschluss wurde das UmwStG infolge der Neuordnung des zivilrechtlichen Umwandlungsrechts, welches nunmehr eine Vielzahl von handelsrechtlichen Umwandlungen zuließ, neu gefasst. Somit wurde mit Inkrafttreten des UmwStG 1995[5] der steuerneutrale Vermögensübergang von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften und auf natürliche Personen erstmals möglich. Insgesamt sollen steuerliche Hemmnisse bei der Umwandlung von Unternehmen beseitigt werden und sich insgesamt weitere Möglichkeiten der steuerneutralen Übertragung von Vermögen eröffnen.[6]  Das UmwStG wurde anschließend bis zur großen Reform des UmwStG durch das SEStEG 2006 mehrmals "klarstellend" angepasst.

[1] Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) v. 19.8.1969, BGBl I 1969, 1163.
[2] Hörtnagel, in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwStG, 6. Aufl., Einführung, Rz. 1; Möhlenbrock, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, UmwStG, Einführung, Rz. 83.
[3] Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1977) v. 6.9.1976, BGBl I 1976, 2641.
[4] Haritz, in Haritz/Menner, UmwStG, Einf. B, Rz. 9; Möhlenbrock, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, UmwStG, Einführung, Rz. 85.
[5] Gesetz zur Bereinigung des UmwR und Gesetz zur Änderung des UmwStR v. 28.10.1994, BGBl I 1994, 3267.
[6] Siehe dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts v. 24.2.1994, BT-Drs. 12/6885, 1; Haase, in Haase/Hruschka, UmwStG, Einleitung, Rz. 75.

3 Änderungen des UmwStG ab 2006

3.1 Reform des UmwStG durch das SEStEG 2006

 

Rz. 3

Das UmwStG wurde durch das in 2006 in Kraft getretene SEStEG neu gefasst. Anlass der Neufassung waren insbesondere die Entwicklungen auf europäischer Ebene sowie die im UmwG eröffnete Möglichkeit grenzüberschreitender Umwandlungen im EU-/ERW-Raum. So wurde zivilrechtlich insbesondere durch einen neu eingeführten X. Abschnitt (§§ 122a ff. UmwG) die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten ermöglicht.[1]  Der Gesetzgeber reagierte auf die europäischen Vorgaben mit der auf Basis der SE-VO[2] eingeführten europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE) und der auf Basis der SCE-VO[3] eingeführten Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie mit der Umsetzung der Fusionsrichtlinie[4] in nationales Recht. Damit kommt es zu einer Europäisierung, nicht aber einer Globalisierung, des Anwendungsbereichs des UmwStG. Grenzüberschreitende Umwandlungen sind unter Sicherung der inländischen Besteuerungsrechte nunmehr möglich.[5]  Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das neu gefasste UmwStG damit zur Sicherung des im Inland verhafteten Steuersubstrats beitragen, die Steuerattraktivität erhöhen und schließlich das Steuerrecht vereinfachen. Zudem wurde mit dem SEStEG 2006 die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in Bezug auf die Umwandlungsvorgänge aufgegeben.[6]

 

Rz. 4

Inhaltlich wurde mit der Neufassung des UmwStG durch das SEStEG der Anwendungsbereich (§ 1 UmwStG) auf grenzüberschreitende Umwandlungen innerhalb der EU und des EWR-Raums ausgedehnt. Der Zweite Teil (§ 3ff. UmwStG) betreffend den Vermögensübergang bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person und den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft unterliegt konzeptionellen Änderungen und führt zum Ansatz eines Übertragungs- und Übernahmeergebnisses sowie zur Besteuerung von offenen Rücklagen, die aus dem Übernahmeergebnis ausgeschieden und bei jedem Anteilseigner als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) gesondert besteuert werden (§ 7 UmwStG). Ein Übernahmegewinn wird nach dem Teileinkünfteverfahren (vor dem URefG 2008: Halbeinkünfteverfahren) besteuert. Ebenfalls wurden die Einbringungsvorgänge der §§ 20ff. UmwStG konzeptionell neu aufgestellt. Nunmehr wird ausschließlich...

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