Rz. 6

Der Begriff „Umwandlung” erfasst Vorgänge, bei denen bestehende Rechtsformen von Rechtsträgern geändert werden. Damit werden alle Vorgänge aus diesem Begriff ausgeschlossen, durch die ein Rechtsträger erstmals seine Rechtsform erwirbt, also vor dem Vorgang keine Rechtsform hatte („Gründung”), sowie alle Vorgänge, bei denen der Rechtsträger seine Rechtsform verliert, also nach dem Vorgang keine Rechtsform mehr hat („Liquidation”).

 

Rz. 7

Diese Begriffsbestimmung ist aber nur vordergründig eindeutig; tatsächlich lassen sich viele Vorgänge nicht ohne weiteres und eindeutig in das genannte Schema einordnen. So kann eine Kapital- oder Personengesellschaft liquidiert und ihr Vermögen als Sachauskehrung an den oder die Gesellschafter verteilt werden; dies wäre eine Liquidation, die außerhalb des Umwandlungsrechts stünde. Möglich ist aber auch, das Vermögen einer Körperschaft durch Verschmelzung auf den einzigen Gesellschafter zu übertragen; in ähnlicher Weise kann das Institut der Spaltung benutzt werden. Bei einer Personengesellschaft kann das Vermögen im Wege der Realteilung auf mehrere Gesellschafter übertragen werden. Diese Vorgänge würden vom Begriff der Umwandlung erfasst.

 

Rz. 8

Ebenso sind die Vorgänge bei der Gründung nicht eindeutig einzuordnen. Eine Personen- oder Kapitalgesellschaft kann durch Geld- oder Sachgründung neu geschaffen werden; dies wäre ein Vorgang, der außerhalb der Umwandlungsinstitute erfolgt. Es ist aber auch möglich, eine Personen- oder Kapitalgesellschaft durch Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs[1], durch Verschmelzung zur Neugründung[2] oder durch Spaltung zur Neugründung[3] zu gründen. Diese Gründungsvorgänge fallen dann unter den Begriff der Umwandlung.

 

Rz. 9

Vergleicht man die genannten Gründungs- oder Liquidationsvorgänge mit den entsprechenden Umwandlungsvorgängen, stellt man fest, dass lediglich ein maßgebender Unterschied besteht. Bei einem Gründungsvorgang wird eine unternehmerische Aktivität erstmals begründet, also nicht nur in einem anderem Rechtskleid fortgeführt. Ebenso wird bei der Liquidation die unternehmerische Tätigkeit endgültig eingestellt und beendet. Bei den Umwandlungsvorgängen geht es dagegen immer um eine Fortführung einer bereits bestehenden wirtschaftlichen Betätigung, was anhand der Regelungen zur Fortführung des Verlustvortrags in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG besonders deutlich wird. Substrat dieser Unternehmensfortführung durch Umwandlung ist regelmäßig der Betrieb oder Teilbetrieb. Damit wird ausgedrückt, dass die Umwandlungsvorschriften (jedenfalls steuerlich) nur Anwendung finden, wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb aus einer Rechtsform unter Fortführung des unternehmerischen Engagements in eine andere Rechtsform überführt wird. Gegenstand der Umwandlung können steuerlich daher niemals Einzelwirtschaftsgüter sein, sondern nur ein bestehender und fortzuführender betrieblicher Organismus. Wenn kein bestehender betrieblicher Organismus in ein anderes Rechtskleid überführt wird, sondern ein betrieblicher Organismus erst geschaffen oder ein bestehender betrieblicher Organismus aufgelöst wird, handelt es sich nicht um eine Umwandlung, sondern um eine Gründung oder eine Liquidation.

 

Rz. 10

Die Umwandlung ist ein komplexer Rechtsvorgang, der unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen kann. Es kann sich um eine einfache Änderung der Rechtsform handeln, ohne dass damit ein zivilrechtlicher Übergang der Vermögensgegenstände verbunden ist (Formwechsel), es kann sich aber auch um die Übertragung des Vermögens im Wege der Gesamt- oder Teilrechtsnachfolge handeln.

Hinsichtlich der übertragenden Gesellschaft kann die Umwandlung zum liquidationslosen Verfall (Erlöschen) der Gesellschaft führen (so bei der Verschmelzung und der Aufspaltung), möglich ist aber auch das Bestehenbleiben der übertragenden Gesellschaft (Abspaltung, Ausgliederung).

Hinsichtlich des aufnehmenden Rechtsträgers kann es sich um eine Übertragung auf einen bestehenden Rechtsträger handeln (Verschmelzung auf eine natürliche Person; Verschmelzung zur Aufnahme, Aufspaltung oder Abspaltung zur Aufnahme; Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Einbringung). Es ist aber auch möglich, den aufnehmenden Rechtsträger im Wege der Umwandlung neu zu schaffen (Verschmelzung und Spaltung zur Neugründung; Ausgliederung bzw. Einbringung).

[1] Vgl. §§ 24, 20 UmwStG.
[3] Vgl. § 15 UmwStG.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge