Rz. 146

Nach § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG sind die übergegangenen Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung des Übernahmegewinns bzw. -verlusts – unabhängig von ihrem Ansatz in der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft – mit dem gemeinen Wert anzusetzen, soweit an ihnen bei der übertragenden Körperschaft kein deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich einer Veräußerung bestand. Damit erhöht sich der Wert dieser Wirtschaftsgüter um die Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft angesetzten Wert.[1] Diese Wirtschaftsgüter werden als "neutrales Vermögen" bezeichnet.[2]

 

Rz. 147

§ 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG gilt nur für die Ermittlung des Übernahmeergebnisses.[3] Die Regelung führt zu einer Erhöhung des Übernahmegewinns bzw. zu einer Verringerung des Übernahmeverlusts.[4] Sie beeinflusst weder den Wertansatz in der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft noch den Wertansatz beim übernehmenden Rechtsträger. Da ein deutsches Besteuerungsrecht für die betreffenden Wirtschaftsgüter nicht bestanden hat und damit nicht beschränkt werden kann, kann die übertragende Körperschaft das neutrale Vermögen in der Übertragungsbilanz nach § 3 Abs. 2 UmwStG mit dem Buch- oder einem Zwischenwert ansetzen. § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG findet keine Anwendung, wenn die entsprechenden Wirtschaftsgüter schon in der Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert angesetzt worden sind. Der sich aus dem Ansatz mit dem gemeinen Wert ergebende Gewinn wird nicht von § 7 UmwStG erfasst, da dieser Gewinn erst auf der Stufe des übernehmenden Rechtsträgers und nicht bereits bei der übertragenden Körperschaft entsteht.[5] Zu ermitteln ist der Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG gesellschafterbezogen.[6]

 

Rz. 148

Die Regelung erfasst im Rahmen des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs der §§ 3 bis 9 UmwStG insbesondere Wirtschaftsgüter einer ausl. Betriebsstätte einer inl. Kapitalgesellschaft mit abkommensrechtlicher Freistellung. So sind z. B. Gewinne einer in einem DBA-Staat gelegenen gewerblichen Betriebsstätte in Deutschland aufgrund des Betriebsstättenprinzips regelmäßig von der Besteuerung freigestellt. Diese Steuerfreistellung gilt nur für laufende Gewinne und Gewinne aus der Veräußerung der Betriebsstätte. Die in der Betriebsstätte ruhenden stillen Reserven sind dagegen mittelbar im Inland steuerverhaftet, da bei einer Veräußerung der Beteiligung an der inl. Kapitalgesellschaft vor der Verschmelzung die stillen Reserven im Betriebsstättenvermögen den Veräußerungsgewinn aus den Anteilen erhöht hätten. Dieser Veräußerungsgewinn hätte der deutschen Besteuerung unterlegen. Wenn die Kapitalgesellschaft dagegen erst in eine Personengesellschaft umgewandelt wird und die Gesellschafter danach ihre Anteile an der nunmehrigen Mitunternehmerschaft veräußern, ist der Veräußerungsgewinn in Deutschland steuerfrei, soweit er auf die ausl. DBA-Freistellungs-Betriebsstätte entfällt. Zur Sicherung dieses nur im Fall der Veräußerung der Beteiligung zu realisierenden Besteuerungsrechts ist das neutrale Vermögen für Zwecke der Ermittlung des Übernahmeergebnisses mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Betroffen von § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG ist im Rahmen des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs der §§ 3 bis 9 UmwStG z. B. auch ausl. Vermögen ausl. Körperschaften, die im Inland nur beschränkt steuerpflichtig sind.[7]

Rz. 149 einstweilen frei

 

Rz. 150

Die Korrektur nach § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG erfolgt außerhalb der Bilanz.[8] Ein bei einer späteren Veräußerung der von § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG erfassten Wirtschaftsgüter etwaig zu berücksichtigender Progressionsvorbehalt bezieht sich damit auf die volle Differenz zwischen dem Wert dieser Wirtschaftsgüter nach der Steuerbilanz und deren Veräußerungspreis.[9] Zu beachten ist aber die für EU- bzw. EWR-Staaten geltende Einschränkung des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG.

 

Rz. 151

Im Einzelfall kann § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG zu einer überschießenden Wirkung führen.[10] Dies betrifft z. B. den Fall, in dem eine ausl. EU- bzw. EWR-Körperschaft mit einer Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat oder in einem DBA-Staat mit Anrechnungsmethode auf eine inl. Personengesellschaft verschmolzen wird und die Anteilseigner der übertragenden Körperschaft in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind.[11] Bei dieser Konstellation geht das deutsche Besteuerungsrecht im Ergebnis nicht verloren. Vor der Verschmelzung besteht es zwar nicht unmittelbar an den Wirtschaftsgütern der ausl. Betriebsstätte, wohl aber an den Anteilen und damit mittelbar an den stillen Reserven der ausl. Betriebsstätte. Nach der Verschmelzung bezieht sich das deutsche Besteuerungsrecht unmittelbar auf die Wirtschaftsgüter der ausl. Betriebsstätte. Trotzdem sind die Wirtschaftsgüter der ausl. Betriebsstätte nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Zudem kommt es bei einer späteren Veräußerung der Wirtschaftsgüter...

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