Rz. 75

§ 8c Abs. 1 KStG unterscheidet in seiner aktuellen Fassung hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht mehr danach, ob mehr als 25 % oder mehr als 50 % der Anteile oder Stimmrechte übertragen wurden bzw. ob jeweils ein vergleichbarer Sachverhalt verwirklicht wurde. Die Grenze von 25 % ist unerheblich. Da das Gesetz erstmalig auf den Vz 2008 und Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 Anwendung findet, ist der bisherige § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG nicht anzuwenden.

Gem. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG wird der gesamte Verlust der Körperschaft nicht abziehbar, und zwar auch dann, wenn weniger als 100 % der Anteile übertragen worden sind. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die wirtschaftliche Identität der Körperschaft bei einem Anteilseignerwechsel von mehr als 50 % verloren geht und durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners oder Anteilseignerkreises ersetzt wird.[1] Es ist zweifelhaft, ob diese Begründung die einschneidenden Rechtsfolgen wirtschaftspolitisch rechtfertigt. Der bloße Wechsel der Anteilseigner kann eine Durchbrechung des Prinzips der Selbstständigkeit der Körperschaft nicht rechtfertigen; die Regelung ist in hohem Maße systemwidrig.

Maßgebender Stichtag für das Eintreten der Rechtsfolge ist derjenige Tag, an dem die Anteile oder Stimmrechte dinglich übertragen werden und dadurch die Grenze von 50 % (bezogen auf den vorhergehenden 5-Jahres-Zeitraum) überschritten wird. Die bis zu diesem Zeitpunkt (der innerhalb eines Kalenderjahrs, Wirtschaftsjahrs oder Vz liegen kann)[2] angefallenen und noch nicht abgezogenen oder ausgeglichenen Verluste werden in Höhe des Anteilserwerbs nicht abzugsfähig.

 
Praxis-Beispiel

B erwirbt am 1.7.18 einen Anteil an der A-GmbH i. H. v. 55 %. Die A-GmbH hatte zu diesem Zeitpunkt nicht genutzte Verluste von 1 Mio. EUR. Mit der Anteilsübertragung zum 1.7.18 werden daher diese Verluste steuerlich nicht abzugsfähig.

 

Rz. 76

Die Rechtsfolge des Verfalls des Verlustabzugs erfasst den verbleibenden Verlustabzug (Verlustvortrag und -rücktrag)[3], den die Körperschaft im Zeitpunkt des Überschreitens der Grenze von 50 % hatte; später eintretende Verluste sind in vollem Umfang abziehbar. Die vorherige Fassung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG enthielt eine Legaldefinition des "nicht genutzten Verlustes", der bei Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG untergeht. Diese Legaldefinition ist bei der Streichung des ursprünglichen Satzes 1 ebenfalls gestrichen worden. Daraus ergibt sich aber m. E. keine inhaltliche Änderung. Der neue Satz 1 spricht weiterhin von einem "nicht genutzten Verlust", der untergeht. Auch ohne Legaldefinition sind hierunter bis zum Zeitpunkt des schädlichen Ereignisses nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte zu verstehen. Beim Verlustabzug betrifft das Abzugsverbot die auf den Schluss des vorhergehenden Vz gesondert festgestellten Verluste; diese werden anteilig nicht abzugsfähig.[4]

Damit kann ein Untergang von zum Übertragungszeitpunkt bestehenden Verlusten nicht durch einen Verlustrücktrag umgangen werden. Es ist zum Übertragungszeitpunkt zunächst der untergehende bzw. bestehend bleibende Verlust gem. § 8c KStG zu ermitteln. Dieser ist dann in einem zweiten Schritt ggf. zurückzutragen. Ein nach § 8c KStG untergegangener Verlust kann nicht zurückgetragen werden. M.E. ist dies nach der neueren Rechtsprechung des BFH[5] nicht richtig. Der BFH ermöglicht einen Verlustausgleich bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb bis zum Übertragungsstichtag. Diesem Vorgehen liegt der Gedanke zugrunde, dass bis zum Übertragungstag alle Gewinne und Verluste verrechnet werden können, da wirtschaftlich insoweit kein Mantelkauf vorliegen kann. Dies muss dann aber auch für einen etwaigen Verlustrücktrag gelten.

 

Rz. 76a

Eine spezielle Frage stellt sich, wenn eine Kapitalgesellschaft Verluste erlitten hat, die nach anderen Vorschriften nicht abziehbar sind, aber später abziehbar werden, Dieser Fall tritt z. B. ein, wenn eine Körperschaft, deren Anteile übertragen werden, in der Vergangenheit nach DBA freigestellte Verluste aus einer ausl. Betriebsstätte erlitten hat. An sich ist § 8c KStG auf diese Verluste nicht anwendbar, da sie ohnehin im Inland nicht zu berücksichtigen sind. Dies ändert sich aber dann, wenn Verluste einer Betriebsstätte im EU- bzw. EWR-Ausland ausnahmsweise anzusetzen sind, weil sie infolge der Auflösung der Betriebsstätte oder in sonstiger Weise "final" geworden sind.[6] Dann fragt sich, ob für die Anwendung des § 8c KStG auf diese Verluste auf den Zeitpunkt der Entstehung der Verluste oder auf den Zeitpunkt der "Finalität" abzustellen ist.

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG unterhält eine Betriebsstätte im EU-Ausland, die langfristig Verluste erwirtschaftet. Zum 1.1.18 werden 100 % der Aktien an der A-AG veräußert. Zum 1.1.19 werden die Verluste der ausl. Betriebsstätte "final". Wird für die Anwendung des § 8c KStG auf den Zeitpunkt der Verlustentstehung abgestellt, sind die bis zum 1.1.18 entstandenen Verluste verfallen. Wird auf den Zeitpunkt der Final...

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