Rz. 198

Der Anwendungsbereich des Abs. 2 wird nicht nur auf dem Anteilseigner nahestehende Personen ausgedehnt, sondern auch auf einen Dritten, der weder dem Anteilseigner noch der Kapitalgesellschaft selbst nahesteht, wenn der Dritte für das Fremdkapital, das er der Körperschaft zur Verfügung gestellt hat, auf den Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person zurückgreifen kann. Auch in diesem Fall ist die Zinsschranke auf nicht konzernangehörige Gesellschaften anzuwenden, wenn die Zinszahlungen an den Dritten mehr als 10 % des Saldos der Zinsaufwendungen über die Zinserträge betragen.

 

Rz. 199

Der Sinn dieser Ausdehnung des Geltungsbereichs des § 8a KStG besteht darin, Umgehungen zu verhindern. Statt der Kapitalgesellschaft selbst Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, kann der Anteilseigner damit nämlich einen Dritten, i. d. R. eine Bank, beauftragen und für die Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft die Haftung übernehmen oder bei dieser Bank ein für die Verbindlichkeit der Tochtergesellschaft haftendes Guthaben in gleicher Höhe unterhalten ("back-to-back-Finanzierung"). Für die Bank ist der Kredit dann nur eine Art "durchlaufender Posten"; wirtschaftlich hat der Anteilseigner das Fremdkapital zur Verfügung gestellt. Die Regelung ist aber nicht auf back-to-back-Finanzierungen beschränkt. Der Bundesrat hatte eine entsprechende Beschränkung vorgeschlagen[1], dieser Vorschlag wurde von der Bundesregierung jedoch abgelehnt[2] und ist nicht Gesetz geworden.

 

Rz. 200

Nach der Verwaltungsauffassung[3] sollen Körperschaften des öffentlichen Rechts und steuerbefreite Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG mit der Gewährung von Bürgschaften und anderen Sicherheiten für Gesellschaften, an denen sie zu mindestens 50 % beteiligt sind, nicht die Voraussetzungen einer schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung erfüllen. Ausnahmen sollen lediglich bei back-to-back-Finanzierungen vorliegen. Dies ist eine Billigkeitsregelung, die laut BMF dadurch gerechtfertigt sein soll, dass die öffentliche Hand regelmäßig Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllt und einer Aufsicht unterliegt. Es muss bezweifelt werden, ob diese Begründung für die Besserstellung der öffentlichen Hand ausreicht, da die Daseinsvorsorge durch § 4 Abs. 3 KStG ausdrücklich als gewerblich eingestuft worden ist. Die Verwaltung versucht hier ohne ausreichende Rechtfertigung, gewerbliche Betätigungen der öffentlichen Hand von nachteiligen gesetzlichen Regelungen, die für alle gelten, freizustellen.[4]

 

Rz. 201

Die Rspr. hat gegen die Rückausnahme bezüglich des rückgriffberechtigten Dritten verfassungsrechtliche Zweifel geäußert.[5] Sie macht insoweit einen Unterschied zwischen einer "echten" back-to-back-Finanzierung, bei der der wesentlich beteiligte Gesellschafter ein dem Kredit entsprechendes Guthaben bei der kreditgebenden Bank unterhält, und einer dem üblichen Geschäftsverlauf entsprechenden Kreditvergabe einer Bank, bei der diese eine Bürgschaft oder eine ähnliche Sicherheit des Gesellschafters oder einer ihm nahestehenden Personen verlangt. Der BFH sieht diese Geschäftsstruktur als übliche Fremdfinanzierung an, die wohl ein Missbrauchspotenzial enthalten kann, aber bei der der Missbrauch nicht typisierend unterstellt werden darf. Die Vorschrift als typisierender Missbrauchsvorwurf gehe damit über den Rahmen einer zulässigen Typisierung hinaus, weil sie sich nicht realitätsgerecht an typischen Missbrauchsfällen orientiere, sondern in großem Umfang auch typische Gestaltungen einer nicht missbräuchlichen Fremdfinanzierung erfasse. Damit wirke die Vorschrift gleichheitswidrig. Der BFH hat daher erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rückausnahme geäußert und die Vollziehung ausgesetzt. Da im Aussetzungsverfahren keine Vorlage an das BVerfG in Betracht kommt, bleibt das Hauptverfahren abzuwarten. M. E. sprechen erhebliche Gründe für die Verfassungswidrigkeit der Rückausnahme. Der Gesetzgeber hat die Rückausnahme nicht als Absicherung für eine Mindestbesteuerung gestaltet, sondern als Rückausnahme zu der Regelung, dass die Zinsschranke für nicht konzernangehörige Stpfl. nicht gelten solle. Diese Rückausnahme soll damit eine missbräuchliche Nutzung der Ausnahme von der Zinsschranke wegen mangelnder Konzernzugehörigkeit verhindern. Eine diesem Zweck dienende Rückausnahme wäre m. E. verfassungsgemäß, so etwa die Rückausnahme für echte back-to-back-Finanzierungen. Die Rückausnahme in der gegenwärtigen Fassung des § 8a Abs. 2 KStG enthält aber keine Beziehung zur Konzernzugehörigkeit bzw. zur missbräuchlichen Gestaltung einer Nicht-Konzernzugehörigkeit. Sie erfasst vielmehr typische Bankfinanzierungen und verweist die kreditnehmende Gesellschaft auf ihre eigenen Sicherungsmittel. Dafür gibt es keine Rechtfertigung, da die Inanspruchnahme von Bankkrediten unter Sicherung durch den Gesellschafter nicht missbräuchlich ist. Die Vorschrift ist daher zu wenig zielgenau und überschreitet den Typisierungsrahmen deutlich.[6]

 

Rz. 202

Nach dem Tatbestand des Abs...

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