Rz. 8e

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) hat der Gesetzgeber die Judikate des EuGH aufgegriffen.

Die europarechtswidrige Optionsregelung des § 2 Abs. 3 ErbStG, die erst 2011 als Folge der EuGH-Entscheidung Mattner eingefügt wurde, wurde zurückgenommen. Diese Rückabwicklung wurde redaktionell in § 16 ErbStG nachvollzogen.

Weiterhin wurde in § 16 Abs. 2 ErbStG ein neues Verfahren eingeführt, das von der Verwaltung bisher schon als Billigkeitslösung praktiziert wird. Diese Regelung sieht eine proportionale Aufteilung des (inländischen) persönlichen Freibetrags im Verhältnis "Besteuertes Inlands- zu nicht besteuertem Auslandsvermögen" vor.

Die Neuregelung betrifft alle Fälle der beschränkten Steuerpflicht, also Fälle innerhalb der EU als auch Fälle in denen die beteiligten Parteien in Drittstaaten ansässig sind. Damit ist dem Richterspruch aus dem Verfahren Welte[1] genüge getan.

Im Fall der beschränkten Steuerpflicht soll der Erwerber nach der Neuregelung zwar grundsätzlich den Freibetrag erhalten, der ihm bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 16 Abs. 1 ErbStG zustehen würde. Es ist nach Auffassung des Gesetzgebers aber inkonsequent und gleichheitswidrig, wenn auch in den Fällen, in denen lediglich eine beschränkte Steuerpflicht besteht und in denen nur der Erwerb einzelner Vermögensgegenstände der Besteuerung unterliegt, bei der Einräumung von Freibeträgen so verfahren würde, als ginge es um die Besteuerung des gesamten Vermögensanfalls. Deshalb sieht es der Gesetzgeber als gerechtfertigt an, den höheren persönlichen Freibetrag zu kürzen, wenn nicht der gesamte Vermögensanfall, sondern nur das darin enthaltene Inlandsvermögen besteuert werden kann. In dem Fall soll der Freibetrag nur anteilig gewährt werden, soweit er auf das Inlandsvermögen entfällt (sog. Inländerdiskriminierung soll vermieden werden).

Um zugleich sicherzustellen, dass die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen werden kann, sollen auch frühere, innerhalb von 10 Jahren von derselben Person angefallene in- und ausländische Erwerbe in die "Proportionalberechnung" des Freibetrags einbezogen werden.

Im Ergebnis verbleibt damit dennoch eine Schlechterstellung des beschränkt Stpfl. im Hinblick auf die nationalen Freibeträge des § 16 ErbStG. Diesem droht eine Kürzung des Freibetrages, wenn er zusätzlich einen entsprechenden Erwerb im Ausland erhalten hat.

Als Rechtfertigung bleibt es bei der seitherigen Argumentation: Die Regelung ist erforderlich zur Verhinderung einer Schlechterstellung von unbeschränkt Stpfl. aufgrund des größeren Besteuerungsumfangs.

 

Rz. 8f

Eine Rückwirkung der Neuregelung in § 16 Abs. 2 ErbStG vor den Zeitpunkt der Verkündigung des Gesetzes ist nicht erfolgt. Dies ist zunächst nachvollziehbar, da die Neuregelung nicht zwangsläufig begünstigend wirkt und deshalb im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot nicht möglich ist. Die Rückwirkung müsste vom Gesetzgeber jedoch auf Antrag zugelassen werden, da die Neuregelung überfällig war. Eine entsprechende Forderung wurde auch seitens des Bundesrats erhoben.

Allerdings wurde die Proportionallösung durch die Verwaltung schon seither im Billigkeitswege angewendet. Dieser Weg wurde von der finanzgerichtlichen Rspr. allerdings seither nicht unterstützt.[2] Diese Einschätzung der Finanzgerichte wurde nunmehr vom BFH[3] bestätigt. Danach steht beschränkt Stpfl. der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 unabhängig vom Anteil des inländischen Vermögens in voller Höhe zu. Die FinVerw stellt sich dem Judikat des BFH für Altjahre nunmehr wohl nicht mehr entgegen.[4]

 
Hinweis

Für alle vor dem 25.6.2017 verwirklichte Sachverhalte mit beschränkter Steuerpflicht, in denen grundsätzlich § 16 Abs. 2 ErbStG zum Tragen käme, und noch nicht eingetretener Bestandskraft, dürfte es zielführend sein, die Anwendung der vollen Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG einzufordern.

 

Rz. 8g

Die Neuregelung des § 16 Abs. 2 ErbStG ist nach einem Urteil des EuGH nunmehr auch europarechtskonform.[5]

Nach Auffassung des EUGH sind die Art. 63 und 65 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung der Erbschaftsteuer nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass im Fall des Erwerbs von im Inland belegenen Grundstücken, wenn zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers weder dieser noch der Erbe seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat hatte, der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage gegenüber dem Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt hätte, um einen Betrag gemindert wird, der dem Verhältnis des Wertes des nicht der Steuer in diesem Mitgliedstaat unterliegenden Vermögens zum Gesamtwert des Nachlasses entspricht. Diese ...

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