Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Grundsätzen der Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses und zum Nachweis seiner tatsächlichen Durchführung

 

Leitsatz (amtlich)

Ausschlaggebend für die Anerkennung eines Ehegatten-Unterarbeitsverhältnisses (hier zwischen einem Obergerichtsvollzieher und seiner Ehefrau ist) ist die Würdigung aller objektiven Gegebenheiten. Hierbei ist die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses zur Überzeugung des Finanzgerichts nachzuweisen. Nicht ausreichend sind allein von der Ehefrau gefertigte Stundenzettel, die nicht weiter aussagekräftig sind.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 12 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.11.2020; Aktenzeichen VI R 28/18)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute. Der Ehemann bezieht Arbeitslohn aus einem nichtselbständigen Dienstverhältnis als Obergerichtsvollzieher. Zur Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beantragte er die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von insgesamt 13.642 €. Darin enthalten waren Personalkosten in Höhe von 12.852 €. Der Kläger beschäftigte hiernach drei Büroangestellte (Ehefrau, Tochter und eine Fremdkraft) für seinen Geschäftsbetrieb auf eigene Kosten.

Bei der Veranlagung wurden die Lohnkosten im Hinblick auf ein beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz anhängiges Klageverfahren betreffend das Jahr 2012 (Az.: 4 K 1584/14) nicht berücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid 2014 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde am 18. Dezember 2015 mit einfachem Brief zur Post aufgegeben.

Mit dem Einspruch wandten sich die Kläger u.a. gegen die Nichtberücksichtigung der Lohnkosten.

Betreffend die Arbeitszeiten der Klägerin seien diese nunmehr ab April 2014 festgehalten worden. Dazu legten die Kläger Kopien der Dokumentation vor (Bl. 114 ff. ESt-A 2014). Hiernach könne nicht davon ausgegangen werden, dass die erbrachten erheblichen Tätigkeiten im Rahmen der unter Ehegatten üblichen familienrechtlichen Hilfeleistung erfolgt seien. Lediglich bei den Kernaufgaben des Klägers handle es sich um nicht delegierbare hoheitliche Tätigkeiten (z.B. Vollstreckungshandlungen vor Ort). Alle anderen Tätigkeiten könnten hingegen delegiert werden. Die Arbeitszeitnachweise seien von der Klägerin erstellt und vom Kläger auf deren Richtigkeit geprüft worden. Ergänzend fügten die Kläger Kopien der Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz vom 05. Februar 2016 und des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 19. Januar 2016 vor, in denen auf die Notwendigkeit der Beschäftigung von Büro- und Schreibhilfen seitens von Gerichtsvollziehern hingewiesen wurde.

Der Beklagte erließ aus anderen Gründen einen Teilabhilfebescheid mit Datum vom 27. April 2016 und wies im Übrigen mit Entscheidung vom 10. Mai 2016 den Einspruch als unbegründet zurück.

Er führte hierzu im Wesentlichen aus:

Grundsätzlich stehe es Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig seien. Die steuerrechtliche Anerkennung des Vereinbarten setze jedoch voraus, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen seien, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprächen und so auch durchgeführt würden. Sie müssten demnach dem sog. Fremdvergleich standhalten.

Dieser Fremdvergleich müsse durchführt werden, da es in der Regel innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem natürlichen Interessengegensatz mangele, so dass zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden könnten. Durch die gleichgelagerten Interessen beider Vertragsparteien sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Vertragsgestaltung aus rein steuerrechtlichem Interesse vorgenommen werde. Im Hinblick auf eine solche Gestaltung und Durchführung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen würden deshalb besondere und strenge Anforderungen gestellt. Grundsätzlich würden Verträge zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie der Erzielung von Einkünften dienten, ernsthaft vereinbart seien und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt würden, wobei Gestaltung und Durchführung des Vereinbartem dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen müsse. Dabei könnten einzelnen Beweisanzeichen der Vertragsgestaltung je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutungen zukommen. Dementsprechend schließe nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des gesamten Vertragsverhältnisses aus. Allerdings seien an den Nachweis, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handele, um so strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuteten.

Um Verträge mit nahen Angehörigen nicht kategorisch abzulehnen und Vertragsverhältnisse zwischen diesen Personen damit schlechter zu stellen, als Vertragsverhältnisse zwischen fremden Dritten, müsse ein sog. Fremdvergleich durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob der jeweilige Vertrag anzuerkennen sei oder nicht. Dieser Frem...

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