Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abzugsfähigkeit von Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Adoption von Kindern ist nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen unausweichlich, sondern beruht auf dem freien, nicht von außen bestimmten Willen des Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Berücksichtigung von Kosten für die Adoption eines Kindes als außergewöhnliche Belastungen.

Die Kläger waren im Streitjahr 2002 verheiratet und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Rechtsanwalt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bl. 178 der Einkommensteuerakten 2002 - EStA 2002 -). Die Klägerin erzielte als Übersetzerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Bl. 176 EStA 2002, Rückseite).

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom 16. März 2004 (Bl. 173 ff. der Einkommensteuerakten 2002 - EStA 2002 -) gaben sie unter anderem an, dass die Überschussrechnung der Klägerin für ihre selbständige Tätigkeit als Übersetzerin noch nicht vollständig fertig gestellt sei und in Kürze nachgereicht werde (Bl. 173 EStA 2002); die insoweit erzielten Einkünfte („RL Translations“) würden auf 6.000 € geschätzt (Bl. 176 EStA 2002, Rückseite). Des Weiteren kündigten die Kläger an, dass noch eine Einzelaufstellung von Kosten für künstliche Befruchtung und von Adoptionskosten vorgelegt werde, die außergewöhnliche Belastungen darstellten (Bl. 174 EStA 2002).

Der hierauf erlassene Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 16. April 2004 erging gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (Bl. 191 EStA 2002).

Die Kläger reichten dann mit Schreiben vom 15. April 2004 - wie angekündigt - die „Einnahme-Überschussrechnung 2002“ betreffend die Übersetzungstätigkeit der Klägerin sowie eine Anlage AUS nach (Bl. 195 ff. EStA 2002).

Mit Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 21. Mai 2004 wurde der ursprüngliche Bescheid vom 16. April 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO mit der Begründung geändert, dass dem Antrag der Kläger vom 15. April 2004 in vollem Umfang entsprochen worden sei (Bl. 231 ff. EStA 2002).

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 19. Mai 2004 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass die in der beigefügten Aufstellung dargestellten Kosten in 2002 für die Adoption ihres Sohnes J in Höhe von 18.674,80 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden müssten (Bl. 235, 236, 238 EStA 2002).

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens teilte der Beklagte den Kläger mit, dass Adoptionskosten nach der Rechtsprechung des BFH keine außergewöhnlichen Belastungen darstellten, und wies sie zudem darauf hin, dass - im Hinblick auf hier nicht streitige Punkte - eine Verböserung in Betracht komme (Bl. 255 f. EStA 2002).

Mit Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 23. Mai 2006 wurde unter Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides die Einkommensteuer für 2002 auf 32.931 € festgesetzt und wegen der näheren Einzelheiten der Berechnung wurde auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung verwiesen; im Übrigen wurde der Einspruch der Kläger zurückgewiesen (Bl. 262 ff. EStA 2002).

Die Kläger haben am 23. Juni 2006 Klage erhoben (Bl. 3 der Prozessakte- PA -), mit welcher sie die Berücksichtigung der Aufwendungen, die ihnen im Streitjahr wegen der Kosten für die Adoption ihres Sohnes entstanden sind, als außergewöhnliche Belastungen begehren. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

Sie verkennten nicht, dass der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung die Anerkennung von Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen unter Hinweis auf die fehlende Zwangsläufigkeit der Aufwendungen abgelehnt habe, da es im Regelfall an der rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Verpflichtung für eine Adoption fehle. Allerdings sei diese Auffassung im Lichte der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG zur Pflegeversicherung, der gesellschaftlichen Diskussion um kinderlose Ehepaare und deren angebliche mangelnde Beteiligung an der Solidargemeinschaft sowie aufgrund der in den letzten Jahren immer wiederkehrenden Gesetzesinitiativen zur Familienbesteuerung (Sonderbeiträge für Kinderlose, etc.) nicht haltbar und müsse neu überdacht werden (vgl. Bl. 4 PA).

Zu berücksichtigen sei, dass der BFH die im Zusammenhang mit der steuerlichen Berücksichtigung von Adoptionskosten stehenden Rechtsfragen noch nicht unter allen möglichen Gesichtspunkten entschieden habe. Er habe nämlich bislang nur untersucht, ob eine Rechtspflicht zur Adoption aus dem Unterhaltsrecht oder dem Eherecht folgen könne; beides habe er verneint. Der BFH habe in seinem Urteil vom 3. März 1987 (III R 301/84, BStBl II 1987, 495) außerdem - allerdings ohne nähere Begründung - ausgeführt, es bestehe weder eine allgemeine Erwartungshandlung, hilfsbedürftige Kinder zu adoptieren, noch würde die Entscheidung eines kinderlosen Ehepaares, nicht zu adoptieren, eine gesellschaftliche Missbilligung erfahren. Er habe jedoch nicht untersucht, ob sich eine Rechtspfli...

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