Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Drohen von Vollstreckung bei bloßem Ersuchen an andere Behörde

 

Leitsatz (amtlich)

Ein bei Gericht gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist ohne vorherigen Antrag bei der Behörde mangels Drohens der Vollstreckung unzulässig, wenn die Behörde lediglich ein Vollstreckungsersuchen an eine andere Behörde gerichtet hat.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 4 S. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

II.

Der Antrag ist unzulässig.

Nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Eine Entscheidung über einen solchen Antrag in der Sache ist allerdings nur möglich, wenn die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht erfüllt sind (vergl. Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz. 272). Nach dieser Vorschrift ist Voraussetzung eines zulässigen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung, dass die Behörde zuvor einen bei ihr gestellten Antrag ganz oder teilweise abgelehnt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar hat die Antragsgegnerin in ihrer ursprünglichen Stellungnahme angegeben, dass ein Antrag vom 25. August 2008 im Vorverfahren abgelehnt worden sei. Diese Darstellung hat sie allerdings im weiteren Verlauf des Verfahrens dahingehend korrigiert, dass ein entsprechender Antrag weder gestellt noch abgelehnt worden sei. Dieser - korrigierten - Darstellung entspricht sowohl der eigene Vortrag des Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten, dass eine Ablehnung eines Antrags nicht erfolgt sei, als auch der Inhalt der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte und der im Verlauf des Verfahrens von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 25. August 2008 enthält keinen ausdrücklichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung; die Aufforderung, die Nichtaufrechterhaltung der Forderung zu bestätigen, stellt sich im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des Schreibens lediglich als Folge der sachlichen Einwendungen gegen den Aufhebungsbescheid dar. Eine zeitlich dem Eingang des Aussetzungsantrags bei Gericht vorangehende Aussage der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, dass eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt werde, ist nicht zu erkennen. Interne Mitteilungen oder Meinungsäußerungen über die auch von Amts wegen zu prüfende Möglichkeit einer Aussetzung der Vollziehung (vergl. Klein/Brockmeyer, AO, § 361 Rz. 12), die nicht dem Antragsteller gegenüber bekannt gegeben wurden, stellen keine ihm gegenüber ergangene Entscheidung mit Außenwirkung dar.

Auch der Ausnahmetatbestand des § 69 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 FGO ist nicht erfüllt. Hiernach ist ein bei Gericht angebrachter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung trotz Fehlens einer vorangegangenen ablehnenden Entscheidung der Behörde zulässig, wenn die Vollstreckung droht. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine zwangsweise Beitreibung der Schuld vorliegen. Erforderlich ist, dass die Behörde mit der Vollstreckung bereits begonnen hat oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus der Sicht eines objektiven Betrachters unmittelbar bevorstehen (vergl. Gräber/Koch, FGO, § 69 Rz. 81), so dass es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, zunächst bei der Behörde statt sofort beim Finanzgericht Aussetzung der Vollziehung zu beantragen (vergl. Beermann/Gosch, a.a.O., § 69 FGO Rz. 291). Die Vollstreckung droht auch dann noch nicht, wenn die Behörde ein Vollstreckungsersuchen an eine andere Behörde gerichtet hat, solange nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass die ersuchte Behörde tatsächlich Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen will (Beermann/Gosch, a.a.O., § 69 FGO, Rz. 291). Es ist hiernach nicht zu erkennen, dass vor Eingang des Aussetzungsantrags bei Gericht eine Vollstreckung gegenüber dem Antragsteller so ernsthaft gedroht hätte, dass sie nur durch einen sofortigen Antrag bei Gericht hätte verhindert werden können. Die Zahlungsaufforderung vom 15. August 2008 bezog sich erkennbar nur auf die erst am 30. September 2008 fällig werdenden Forderungen. Der in dem automatisch erstellten Schreiben enthaltene Hinweistext Nr. 6 zu Forderungen, wegen denen bereits Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden seien, hatte nach dem eindeutigen Verweis in der Forderungsaufstellung, dass Beträge mit Hinweistext Nr. 6 nicht enthalten seien, keinesfalls die Bedeutung, dass bereits gegen den Antragsteller Vollstreckungsmaßnahmen liefen. Der Hinweis darauf, dass bei Nichtzahlung der Forderungen mit kostenpflichtigen Mahnungen gerechnet werden müsse, stellt ebenfalls keine Ankündigung unmittelbar bevorstehender Vollstreckungsmaßnahmen - für im damaligen Zeitpunkt noch überhaupt nicht fällige Forderungen - dar. Das erst am 16. November 2008 an das Hauptzollamt gerichtete Amtshilfeersuchen reicht für sich allein nicht aus, die Erwartung einer alsbald drohenden Vollstreckung zu begründen. Vor dem Eingang des Aussetzungsantrags bei Gericht am 17. November 2008 hatte es auch n...

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