Entscheidungsstichwort (Thema)

1) Bilanzierung von Provisionsansprüchen und "unfertigen Arbeiten"

 

Leitsatz (redaktionell)

2) Aufschiebend bedingte Versicherungsvertreter-Provisionsansprüche sind erst mit Bedingungseintritt zu aktivieren.

3) Soweit noch keine Gewinnrealisierung eingetreten ist, sind die auf die entsprechenden Vermittlungsleistungen entfallenden Aufwendungen als "unfertige Arbeiten" zu aktivieren.

 

Normenkette

EStG § 5; HGB § 92 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.08.2018; Aktenzeichen XI R 32/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten – im zweiten Rechtsgang – darum, ob es bei von der Klägerin vereinnahmten Vermittlungsprovisionen in Höhe von sog. stornobehafteten Beträgen bereits zur Gewinnrealisierung gekommen ist und – soweit dies der Fall ist – ob für diese Beträge eine Rückstellung zu bilden ist.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2000 gegründete GmbH mit Sitz zunächst in A und ab 2005 in B. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Unternehmensberatung sowie die persönliche Anlagen- und Vermögensberatung. Die Geschäftsanteile an der Klägerin hielten in den Streitjahren C E und D E zu je 50 %. Diese waren auch einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn in den Streitjahren nach einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr.

Tatsächlich war die Klägerin ausschließlich als Versicherungsmaklerin tätig, wobei sie Rückdeckungsversicherungen zur Entgeltumwandlung nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge vermittelte, und zwar solche der F Versicherungsgesellschaft (F) und der G. Hierfür erhielt sie jeweils Provisionen von den vorgenannten Versicherungsgesellschaften.

Nach der am 8.7.2002 unterzeichneten Courtagevereinbarung sollte die Klägerin als selbständiger Handelsmakler i.S. der §§ 93 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) tätig werden. Gegenstand ihrer Tätigkeit sollte ausschließlich die Zuführung von neuen Versicherungsverträgen, Verlängerungen, Nachversicherungen, Umwandlungen, Ersatzverträgen, Erneuerungen und dergleichen seitens des Versicherungsnehmers sein. Für die von der Klägerin vermittelten und von der F bzw. deren Kooperationspartnern angenommenen Versicherungsverträge bestand ein Courtageanspruch. Die Höhe der Courtage sowie deren Zahlungs- und Rückzahlungsverpflichtungen ergaben sich aus den beigefügten Vergütungstabellen und -bestimmungen, sofern keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden.

Die Vergütungsbestimmungen enthielten insbesondere folgende Regelungen:

„[…]

1 Einen Anspruch auf Vergütung besitzt derjenige, der die Versicherung vermittelt.

2 Bei einer Prämienrückzahlung ist die auf die Rückprämie, bei einer Prämienermäßigung die auf den Differenzbetrag entfallende Vergütung an die F zurückzuerstatten.

3 Die Vergütung ist verdient nach Eingang der jeweils fälligen Prämie bei der F. Vorherige Gutschriften erfolgen unter Vorbehalt.

[…]”

Die Vergütungsvereinbarung für die Vermittlung von Lebensversicherungen sieht Folgendes vor:

„[…]

1 Für die Vermittlung von Versicherungsverträgen für die F AG werden nach der Policierung als Abschlußvergütung 38,00 ‰ der Wertungssumme gezahlt.

Die Ermittlung der Wertungssumme sowie die Stornohaftung sind dem Wertungssummentableau in der jeweils gültigen Fassung zu entnehmen.

2 Für vermögenswirksame Lebensversicherungen verteilt sich die Abschlußvergütung auf die nachstehend aufgeführten Zeiträume:

Bei einer Versicherungsdauer

von 12 bis 14 Jahren auf 1 Jahr

von 15 bis 21 Jahren auf 2 Jahre

von 22 bis 26 Jahren auf 3 Jahre

von 27 bis 30 Jahren auf 4 Jahre

von 31 bis 33 Jahren auf 5 Jahre

von 34 bis 35 Jahren auf 6 Jahre.

[…]

4 Die Vergütung wird in Abhängigkeit von der Beitragszahlung und der damit verbundenen Stornohaftungszeit des Vermittlers ratierlich gezahlt.

[…]”

Der Courtagevereinbarung war darüber hinaus ein Wertungssummen-Tableau Leben, Fortsetzung Fondsgebundene Lebensversicherung, gültig ab dem 1.10.2001 mit folgendem Inhalt beigefügt:

Tarife/Zusatztarife

„…”„…”

Wertungssumme: Jahresbeitrag (*) multipliziert mit der Beitragszahlungsdauer bis zu max. 45 Jahren;

Beitragszeiten über 45 Jahre werden nicht berücksichtigt.

Auszahlungsmodell bei diskontierter AP

Beitragszahlungsdauer

Anzahl – Jahresraten

Ratenhöhe

bis 25 Jahre

1

100 %

von 26 – 33 Jahre

3

40 %, 30 %, 30 %

von 34 – 40 Jahre

4

30 %, 30 %, 20 %, 20 %

von 41 – 45 Jahre

5

je 20 %

Auszahlungsmodell bei

ratierlicher AP

Beitragszahlungsdauer

Anzahl – Jahresraten

Ratenhöhe

bis 40 Jahre

Verteilung auf den Stornozeitraum gem. Zahlungsweise

von 41 bis 45 Jahre

5

je 20 %

„…”

Wertungssumme: Jahresbeitrag (*) multipliziert mit der Beitragzahlungsdauer bis zu max. 40 Jahren

Vergütungshöhe: 62,5 % der Wertungssumme, multipliziert mit dem vereinbarten Promillesatz der Abschlußvergütung

Wachstumserhöhung

Abhängig von der Beitragszahlungsdauer der Erhöhung

Sondertarife „…” „…”

100 % der jeweiligen Wertungssumme; Provisionshöhe i.d.R. 50 % des vereinbarten Promillesatzes der Abschlußvergütungen...

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