rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung eines Kindergeldbescheids nach Auszug des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Leistet einer der getrennt lebenden Eltern eines Kindes, das aus dem Haushalt eines Elternteils ausgezogen ist, keinen Unterhalt, sondern leitet er nur sporadisch einen Teil des von ihm empfangenen Kindergelds an das Kind weiter, so ist eine Aufhebung des Kindergeldbescheids ab dem Auszug des Kindes gem. §§ 70 Abs. 2, 64 Abs. 3 EStG rechtmäßig, sofern der andere Elternteil wenigstens zeitweise Unterhalt gezahlt hat (wenn auch nicht an das Kind, sondern an den das Kindergeld empfangenden Elternteil).

2) Bestimmt das Vormundschaftsgericht, welcher Elternteil das Kindergeld empfangen soll, so geht dieser Beschluss ins Leere, wenn die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 Satz 3 und 4 EStG gar nicht erfüllt sind.

 

Normenkette

EStG § 70 Abs. 2, § 64 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte (Bekl.) die Festsetzung von Kindergeld zu Recht aufgehoben hat, weil der Vater des Kindes und nicht die Klägerin (Klin.) dem Kind die höchste Unterhaltsrente gezahlt hat.

Die Klin. bezog laufend Kindergeld für ihre 1987 geborene Tochter L. L lebte bis Juni 2004 bei der Klin. Sie zog im Juni 2004 nach O, um dort eine Lehrstelle anzutreten, und später zu ihrem Freund nach I. Die Klin. setzte die Bekl. vom Auszug ihrer Tochter nicht in Kenntnis. Anfang Januar 2005 erreichte die Bekl. im Rahmen eines Datenabgleichs die Mitteilung, dass L nach O verzogen und dort seit dem 01.07.2004 gemeldet sei. Die Bekl. wies die Klin. darauf hin, dass, wenn das Kind bei keinem Elternteil lebe, nach § 64 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) derjenige Elternteil das Kindergeld erhalte, der dem Kind den höheren Barunterhalt zahle. Leisteten beide Elternteile keinen oder gleich hohen Barunterhalt, bestimmten diese untereinander den Berechtigten. Die Bekl. stellte die Zahlung des Kindergeldes ab Januar 2005 ein. Die Klin. sprach Mitte Januar 2005 bei der Bekl. vor und gab an, dass L seit dem 01.06.2004 nicht mehr in ihrem Haushalt lebe. Sie, die Klin., zahle keinen eigentlichen Barunterhalt, leite jedoch das Kindergeld an ihre Tochter weiter. Wegen des gegen Ls Vater bestehenden Unterhaltsanspruchs fänden Vollstreckungsmaßnahmen statt. Am 19.01.2005 wandte L sich telefonisch an die Bekl. und bat um eine Bestätigung darüber, dass derzeit kein Kindergeld gezahlt werde. Ihre Mutter zahle keinen Unterhalt. Sie wolle diesen einklagen. Ihre Mutter habe gegen ihren Vater einen Unterhaltstitel, soweit sie wisse über 150 EUR monatlich. Gegen ihren Vater liefen Pfändungsmaßnahmen. Die Zahlungen erfolgten an ihre Mutter.

Die Bekl. fasste die Sachlage gegenüber der Klin. mit Schreiben vom 19.01.2005 wie folgt zusammen: Über den Anspruch auf Kindergeld ab Juni 2004 könne derzeit noch nicht entschieden werden, weil bisher nicht geklärt sei, welcher Elternteil dem Kind den überwiegenden Barunterhalt leiste. Ihre Tochter habe angegeben, dass ein Unterhaltstitel gegenüber dem Kindsvater bestehe. Um Übersendung einer Kopie des Titels und um Mitteilung, welche monatlichen Beträge ihr, der Klin., auf Grund des Titels seit Juni 2004 zugeflossen seien, werde gebeten. Die Klin. habe angegeben, dass sie Unterhalt in Höhe des Kindergeldes, also in Höhe von 154 EUR pro Monat, an ihre Tochter zahle. Falls der Unterhaltstitel gegen den – im Inland wohnenden – Kindsvater auf weniger als 154 EUR monatlich laute, sei sie, die Klin., vorrangig kindergeldberechtigt. Die Klin. legte die vollstreckbare Ausfertigung einer Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung vom 26.06.2001 vor, in der Ls Vater sich verpflichtet hatte, vom 01.07.2000 bis zur Volljährigkeit einen Unterhaltsbetrag von monatlich 554 DM zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zu zahlen. In der Urkunde, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es weiter, dass mit den Unterhaltsleistungen die jeweils ältesten Forderungen beglichen werden sollten. Die Klin. übersandte zudem die Kopie eines Forderungskontos (Stand 15.12.2004). Aus diesem Forderungskonto, auf das im Übrigen ebenfalls verwiesen wird, ergab sich, dass sich der monatliche Unterhalt ab 01.07.2003 auf 307 EUR belief und Ls Vater die Unterhaltsleistungen nur unregelmäßig erbrachte. Im Jahr 2004 erfolgten folgende „Zahlungen/Gutschriften”:

29.04.2004:

155,10 EUR

28.05.2004:

160,27 EUR

30.06.2004:

155,10 EUR

30.07.2004:

113,74 EUR

30.07.2004:

46,53 EUR

31.08.2004:

160,27 EUR

30.09.2004:

155,10 EUR

29.10.2004:

160,27 EUR

01.12.2004:

155,10 EUR

30.12.2004:

160,27 EUR.

Die Klin. übersandte zudem drei Kontoauszüge, aus denen sich ergab, dass sie unter der Bezeichnung „Kindergeld” folgende Beträge auf das Konto ihrer Tochter überwiesen hatte:

19.11.2004:

75 EUR

24.11.2004:

75 EUR

10.12.2005:

150 EUR.

Nach Anhörung der Klin. hob die Bekl. die Festsetzung des Kindergeldes ab Juli 2004 auf (Bescheid vom 04.03.2005). Zur Begründung führte sie aus, dass das Kind nicht im Haushalt der Klin. lebe und nach den getr...

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