Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO im Falle des Wechsels der Gewinnermittlungsart bei zeitgleicher Einbrin-gung des Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart resultierende Gewinn eines Einzelunternehmens ist bei seiner zeitgleichen Einbringung in eine Kapitalgesellschaft weder nach Abschnitt 19 Abs. 1 S. 8 EStR 1990, noch als Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO auf drei Jahre zu verteilen.

2) Die Frage, ob eine mit dem Festsetzungsbescheid verbundene Billigkeitsentscheidung vorliegt, indem die Finanzbehörde die Angaben in der Steuererklärung übernommen hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Es muss sich entnehmen lassen, ob und in welchem Umfang von der an sich gesetzlich vorgesehenen Festsetzung aus Billigkeitsgründen abgewichen worden ist.

 

Normenkette

EStR 1990 Abschn. 19 Abs. 1, 1 Sätze 8-9; UmwStG § 20 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abs. 1 AO.

Der Kläger (Kl.) war bis zum 31.12.1990 Inhaber der Einzelfirma „A.”. Er ging von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG über und erstellte auf den 1.1.1991 zur Ermittlung des Übergangsgewinns eine Bilanz. Die Einzelfirma brachte er zu Buchwerten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die zum 1.1.1991 gegründete „A. GmbH” ein.

Den Gewinn aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart ermittelte er mit 210.666 DM und erklärte ihn zu 1/3 in der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 1991. Dort heißt es:

„Übergangsgewinn auf drei Jahre verteilt

70.222 DM”

Der ESt-Bescheid 1991 vom 9.3.1993 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er enthält den Übergangsgewinn in Höhe von 70.222 DM. Auf den Bescheid wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Dieser Bescheid wurde unter dem 28.4.1993 aus anderen Gründen geändert.

Im Anschluß an das Ergebnis einer Betriebsprüfung änderte der Bekl. den ESt-Bescheid 1991 unter dem 21.5.1996 erneut nach § 164 Abs. 2 AO. Er erfaßte den auf 217.474 DM korrigierten Übergangsgewinn in vollem Umfang als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im vorliegenden Fall einer Betriebsveräußerung komme die Verteilung des Übergangsgewinnes auf drei Jahre nicht in Betracht.

Der Gewerbesteuer-Meßbetrag (GewStMB) 1991 war zunächst ebenfalls auf der Grundlage eines Gewinns aus Gewerbebetrieb in Höhe von 70.222 DM festgestellt worden. In dem vom Bekl. ausgefüllten Erklärungsvordruck befinden sich in diesem Zusammenhang in Zeile 17 folgende, handschriftliche Bearbeitervermerke:

„Übergangsgewinn, Verteilung auf 3 J.”

Der GewStMb-Bescheid 1991 ist im Anschluß an die Betriebsprüfung ebenfalls unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO geändert und der GewStMb 1991 auf der Basis eines gewerblichen Gewinns in Höhe von 217.474 DM festgestellt worden.

Die aufgrund der Bp. ergangenen Bescheide sind nach Rücknahme der dagegen erhobenen Klage (11 K 2798/97 E, G) bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 29.1.1998 beantragte der Kl. nach § 163 AO die anderweitige Festsetzung der ESt und des GewStMb 1991 in der Weise, daß der unstreitige Übergangsgewinn aufgrund des Wechsels der Gewinnermittlungsart auf die Jahre 1991 – 1993 verteilt und dem Jahr 1991 zu einem Drittel zugeordnet würde.

Zur Begründung trug er vor, die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsrechten sei nach § 20 Abs. 4 UmwStG ein veräußerungsähnlicher Vorgang. Für den Fall einer Betriebsveräußerung gewähre die Verwaltung die Billigkeitmaßnahme nach Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStG nicht. Sinn und Zweck dieser Versagung der Billigkeitsmaßnahme könne nur darin liegen, daß dem Veräußerer in der Regel ausreichende Mittel zur Verfügung stünden, um die Steuerbelastung zu tragen. Im Streitfall lägen diese Voraussetzung nicht vor. Bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft werde eine Veräußerung lediglich fingiert. Dem Einbringenden flössen keine finanziellen Mittel zu.

Im Fall der Betriebsveräußerung/-aufgabe werde eine Billigkeitsmaßnahme im übrigen deshalb abgelehnt, weil in diesen Fällen – anders als bei einer Betriebsfortführung – kein Raum mehr für eine spätere Abwicklung der Vorgänge bliebe, die die Gewinnkorrektur ausgelöst hätten. Bei der im Streitfall gegebenen Einbringung des Einzelunternehmens in eine GmbH sei jedoch wirtschaftlich nicht von einer endgültigen Betriebsabwicklung auszugehen.

Mit Verwaltungsakt vom 10.2.1998 lehnte der Bekl. den Antrag ab. Den dagegen erhobenen Einspruch wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 9.2.1999 zurück. Zur Begründung machte er geltend, sachliche Gründe für eine Billigkeitsmaßnahme seien nicht gegeben.

Die Billigkeitsregelung aus Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStG sei zu Recht nicht angewandt worden. Danach könne der beim Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehende Gewinn auf bis zu drei Jahre verteilt werden, wenn der Gewerbebetrieb fortgeführt würde. Im Streitfall sei das Einzelunternehmen gegen Gewährun...

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