Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung für eine haushaltsnahe Dienstleistung in einem anderen VZ keine neue Tatsache im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Ordnet der Steuerpflichtige eine beglichene Rechnung über eine haushaltsnahe Dienstleistung im Dezember irrtümlich dem Folgejahr zu, ist keine neue Tatsache gegeben, die zur nachträglichen Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids berechtigte. Denn den Steuerpflichtigen trifft am späteren Bekanntwerden ein grobes Verschulden, wenn er andere haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen desselben VZ geltend gemacht hat.

 

Normenkette

EStG § 35a; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine bestandskräftige Veranlagung zur Einkommensteuer (ESt) nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden kann, oder ob den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden daran trifft, dass die neue Tatsache erst nachträglich bekannt geworden ist.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und werden zusammen zur ESt veranlagt. Ihre EStErklärung für den Veranlagungszeitraum 2006 gaben sie im elektronischen Verfahren Elster ab. Dabei wird in Papierform nur noch eine verkürzte Steuererklärung ausgedruckt. Sie erklärten u. a. Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit, Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Unter der Kennziffer 110 „haushaltsnahe Dienstleitungen im Inland” erklärten sie einen Betrag in Höhe x.xxx,xx EUR. Das Finanzamt veranlagte die Kl. nach ihren Angaben und setzte mit ESt-Bescheid vom 16.11.2007 die ESt auf xx.xxx,xx EUR fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 10.10.2008 teilte der Kl. mit, dass er bei Erstellung der EStErklärung 2007 beim Heraussuchen der Kontoauszüge für die haushaltsnahen Dienstleistungen festgestellt habe, dass die beigefügte Rechnung der Firma Y. vom 27.12.2006, die er zu den Steuerunterlagen 2007 geheftet habe, bereits in 2006 bezahlt worden sei. Er beantragte eine entsprechende Änderung des ESt-Bescheides 2006 und fügte als Anlage für den Zahlungsnachweis einen Originalkontoauszug sowie die Rechnung der Firma Y. vom 04.12.2006 sowie eine Bescheinigung der Firma Y. vom 04.03.2008 über anteilige Montagekosten in Höhe von insgesamt x.xxx,xx EUR brutto bei.

Das Finanzamt (FA) lehnte mit Bescheid vom 29.10.2008 eine Änderung des EStBescheides 2006 mit der Begründung ab, dass eine Änderung insbesondere nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht komme, da die Beweismittel oder Tatsachen schon bei der Festsetzung der ESt 2006 vorgelegen hätten. Es liege somit keine neue Tatsache vor.

Hiergegen hat der Kl. mit Schreiben vom 16.11.2008 Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es sich um eine neue Tatsache handele, da die für die Steuerfestsetzung zuständigen Bediensteten keine Kenntnis von der Rechnung der Firma Y. gehabt hätten. Diese Tatsache sei neu. Er habe die Rechnung irrtümlicherweise dem falschen Jahr zugeordnet. Deshalb habe er auch keine Veranlassung gesehen, gegen den ESt-Bescheid 2006 Einspruch einzulegen.

Mit Verfügung vom 20.11.2008 teilte das FA mit, dass zwar eine nachträglich bekannt gewordene neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung vorliege, dass aber gleichwohl eine Änderung nicht in Betracht komme, da dem Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden daran treffe, dass die Tatsache dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden sei. Dem ist der Kl. entgegengetreten. Er ist der Auffassung, dass das versehentliche Zuordnen eines Vorgangs zu einem falschen Jahr kein grobes Verschulden darstelle.

Das FA hat mit Einspruchsentscheidung vom 06.10.2009 den Einspruch gegenüber beiden Kl`n als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Kl. ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsache treffe. Im Erklärungsvordruck werde ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Steuerermäßigung durch haushaltsnahe Dienstleistungen hingewiesen. Werde eine solche auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet, liege regelmäßig grobes Verschulden vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 06.10.2009 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Mit ihrer am 06.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie tragen ergänzend vor, dass sie im Streitjahr 2006 haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen bezogen hätten und über die Voraussetzungen der Rechtsfolgen des § 35 a EStG informiert gewesen seien. Bei Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2006 sei ihnen aufgefallen, dass die – hier allein streitige – Handwerkerrechnung der Firma Y. nicht zwischen Lohn- und Materialkosten unterschieden habe, weswegen eine telefonische Nachfrage bei der Firma Y. erfolgt sei. Die Bearbeitung bei der Firma Y. habe sich verzögert, so dass die vorbereitete Erklärung zunächst liegen geblieben sei. In diesem Zu...

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