Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachholung des Betriebsausgabenabzugs für nicht in der Übergangsbilanz erfasste Schuldposten beim Wechsel der Gewinnermittlungsart (Überschussrechnung zu Bestandsvergleich)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beim Übergang von der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung zum Bestandsvergleich sind Zu- und Abrechnungen (Übergangsergebnis) dem ersten Jahr des Bestandsvergleichs (Übergangsjahr) grundsätzlich als Besteuerungsmerkmal zuzuordnen. Bei Beginn des ersten Wirtschaftsjahres mit Bestandsvergleich ist eine Anfangsbilanz (Übergangsbilanz) aufzustellen, die das im Zeitpunkt des Übergangs vorhandene Betriebsvermögen ausweist.

2. Wurde der Übergangsgewinn fehlerhaft ermittelt und ist die Veranlagung des Übergangsjahres bestandskräftig geworden, so kann eine Berichtigung des Übergangsgewinns nur insoweit vorgenommen werden, als die Veranlagung nach den Steuergesetzen unter Beseitigung der Bestandskraft noch geändert oder berichtigt werden kann.

3. Wurde in der Übergangsbilanz kein Passivposten für Umsatzsteuerverbindlichkeiten für Jahre vor dem Wechsel der Gewinnermittlungsart gebildet, so kann die gewinnwirksame Einbuchung nicht im Jahr der Zahlung nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs nachgeholt werden.

 

Normenkette

EStG 2002 § 4 Abs. 1, 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen die Hinzurechnung der im Streitjahr 2003 für Umsatzsteuer der Jahre vor 2001 geleisteten Zahlungen i.H.v. 4.496,42 EUR, die beim Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht als Passivposten in die Eröffnungsbilanz eingestellt wurden.

Die Klägerin war Gesellschafterin der T. GbR (GbR), die Tattoo- und Piercing-Studios betrieb. Aufgrund einer Vereinbarung vom 8. April 2006 wurde die GbR im Jahr 2006 durch Realteilung auseinandergesetzt und aufgelöst. Die GbR ermittelte ihren Gewinn zunächst durch Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Ab 2002 wurde die Gewinnermittlung umgestellt und der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermittelt. Dabei wurden wegen der Umstellung der Gewinnermittlungsart in der Gewinnermittlung für 2002 Gewinnberichtigungen vorgenommen. In den Bilanzen für 2002, die im Mai 2004 erstellt wurden, wurden dabei Passivposten für Umsatzsteuernachzahlungen für die Jahre bis 2001 jedoch nicht berücksichtigt. Die Gewinnfeststellung für 2002 wurde nicht mit dem Einspruch angegriffen.

Das Finanzamt schätzte zunächst die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 2003 im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 (Gewinnfeststellungsbescheid 2003) vom 4. August 2005, da keine Steuererklärungen abgegeben worden waren. In der im Laufe des anschließenden Einspruchsverfahrens für das Streitjahr vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung waren Umsatzsteuernachzahlungen für Jahre bis 2001 i.H.v. 4.496,42 EUR als Betriebsausgaben angesetzt. Das Finanzamt erkannte diese Umsatzsteuerzahlungen für die Jahre bis 2001 im geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2003 vom 26. September 2005 nicht als Betriebsausgaben an. Auch in der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2007 wurden die Umsatzsteuerzahlungen nicht gewinnwirksam berücksichtigt. Der Gewinn für 2003 wurde aus anderen Gründen von 33.538,41 EUR auf 32.470,42 EUR herabgesetzt und der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage geltend, die als Betriebsausgaben geltend gemachten Umsatzsteuerzahlungen seien im Streitjahr tatsächlich gezahlt worden. Ein falscher Bilanzansatz sei grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung geändert werden kann, erfolgswirksam richtigzustellen. Es könne nicht darauf ankommen, ob in der Schlussbilanz ein entsprechender namentlicher Posten noch vorhanden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids 2003 vom 26. September 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2007 den Gewinn mit 27.974 EUR festzustellen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es macht geltend, dass ein Übergangsgewinn, der fehlerhaft ermittelt und bestandskräftig veranlagt wurde, nicht mehr korrigiert werden könne. Die Voraussetzungen einer Bilanzberichtigung lägen ebenfalls nicht vor, da in der Schlussbilanz zum 31. Dezember 2003 kein entsprechender Bilanzposten mehr vorgelegen habe.

 

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

a) Die Klägerin ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt. Die GbR ist aufgrund der Vereinbarung vom 8. April 2006 durch Realteilung auseinandergesetzt und aufgelöst worden. Damit ist die Klagebefugnis für Klagen gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen i.S. GbR auf die Gesellschafter übergegangen (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO; Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 27. September 2007 XI B 194/06, BFH/NV 194/06). Die Klage ist daher unter Berüc...

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