Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Fahrers einer Organisation für Tabaksteuer wegen Teilnahme an einer Steuerhinterziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wer als Fahrer den Organisator eines Zigerattenschmuggels zur Übergabe der Zigaretten und des Geldes bringt, leistet Beihilfe zur Steuerhinterziehung, die durch unzulässiges Verbringen der Zigaretten nach Deutschland begangen worden ist. Dabei reicht aus, dass er den Eintritt des Erfolgs der Haupttat (Steuerhinterziehung) billigend in Kauf genommen hat, ohne von den Zigarettentransporten und den dadurch hinterzogenen Steuern genaue Kenntnis gehabt zu haben.

2. Das FG kann sich die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafbefehls zu Eigen machen.

3. Die Inanspruchnahme des Beteiligten im Fall vorsätzlicher Steuerstraftaten durch Haftungsbescheid muss nicht besonders begründet werden.

 

Normenkette

AO §§ 44, 71, 191 Abs. 1, § 370 Abs. 1; TabStG § 19 S. 1; FGO § 102

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt) den Kläger zu Recht als Haftenden für Tabaksteuer in Anspruch genommen hat.

Das Hauptzollamt nahm den Kläger mit zwei Haftungsbescheiden vom 8. Mai 2008 gem. § 71 Abgabenordnung (AO) als Gesamtschuldner für insgesamt … EUR Tabaksteuer in Anspruch, weil er sich in zwei Fällen der Beihilfe zur Hinterziehung von Tabaksteuer schuldig gemacht habe, indem er die anderweitig verfolgten T und G bei dem Verbringen von unversteuerten Zigaretten in das deutsche Steuergebiet unterstützt habe. Der Kläger wurde deswegen durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts X vom 13. März 2008 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen verurteilt.

Die gegen die Haftungsbescheide vom 8. Mai 2008 eingelegten Einsprüche wies das Hauptzollamt jeweils mit Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Mit seiner hiergegen erhobenen Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er nur einen völlig untergeordneten Tatbeitrag geleistet habe. So habe er T lediglich in zwei Fällen aus Gefälligkeit zur Geldübergabe nach L gefahren, ohne von den Zigarettentransporten und den dadurch hinterzogenen Steuern Kenntnis gehabt zu haben. Er habe weder Einfluss auf die Verfahrensweise mit den Zigaretten gehabt noch sei er an einem Erlös aus der Vermarktung dieser Zigaretten beteiligt worden. Für die beiden Fahrten nach L habe er jeweils nur 300,– EUR erhalten.

Das Hauptzollamt könne sich nicht auf den Strafbefehl berufen, da sich aus diesem nicht ergebe, dass er einen Vorsatz zur Beihilfe an der Steuerhinterziehung gehabt habe. Der Strafbefehl sei nur hinsichtlich der Rechtsfolgen akzeptiert worden.

Seine Inanspruchnahme sei jedenfalls ermessensfehlerhaft, weil sein geringer Tatbeitrag und wirtschaftlicher Nutzen hierbei nicht berücksichtigt worden sei. Auch das Auswahlermessen sei nicht rechtmäßig ausgeübt worden, da nicht zunächst die eigentlichen Täter und Verantwortlichen in Anspruch genommen worden seien. Schließlich sei seine Inanspruchnahme auch im besonderen Maße unbillig und unverhältnismäßig.

Der Kläger beantragt, die beiden Haftungsbescheide vom 8. Mai 2008 und die Einspruchsentscheidungen vom 27. Oktober 2008 aufzuheben.

Das Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen

und nimmt im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidungen Bezug. Darüber hinaus bringt es vor, dass der Kläger entgegen seinem Vortrag laut den Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts X Kenntnis von den Zigarettentransporten gehabt habe. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass er einer Organisationsstruktur dabei helfe, unversteuerte Zigaretten in Deutschland Gewinn bringend abzusetzen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Hauptzollamts und die von den Beteiligten im Verfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Das Hauptzollamt hat den Kläger zu Recht gemäß § 191 Abs. 1 i.V.m. § 71 AO für hinterzogene Tabaksteuer in Anspruch genommen.

1. Gemäß § 71 AO haftet für verkürzte Steuern, wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da sich der Kläger der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO strafbar gemacht hat.

a) Hinsichtlich der streitgegenständlichen Zigaretten ist die deutsche Tabaksteuer nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO hinterzogen worden, indem die Zigaretten ohne Steueranmeldung bzw. ohne Verwendung von Steuerzeichen von Tschechien nach Deutschland verbracht worden sind. Dadurch sind die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, pflichtwidrig keine Steuerzeichen verwendet und Steuern verkürzt worden. Die deutsche Tabaksteuerschuld is...

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