Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch eines lediglich über eine Aufenthaltsgestattung verfügenden Asylbewerbers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung des Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 13.12.2006 (BStBl I 2007,62), der gemäß § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG im vorliegenden Fall rückwirkend anzuwenden ist, erhalten nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer Kindergeld nur, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis (Abs. 2 Nr. 1) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, außer sie ist nach §§ 16, 17, 18 Abs. 2, § 23 Abs. 1 oder §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt

2. Dementsprechend gilt: Erhält ein Asylbewerber nach der Einreise in Folge mehrere Aufenthaltsgestattungen nach § 63 AsylVfG, hat er bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Anerkennung als Asylberechtigter, infolgedessen er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG erhält, keinen Anspruch auf Kindergeld. Der Anerkennungsbescheid entfalte insoweit konstitutive Wirkung.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 2, § 52 Abs. 61a S. 2; AsylVfG § 63; AufenthG § 25 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen III R 10/09)

BFH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen III R 10/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger ist gebürtiger Weißrusse und kam Ende 2002 als Asylbewerber in die Bundesrepublik. Bis einschließlich 18. August 2004 erhielt er in Folge mehrere Aufenthaltsgestattungen nach § 63 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG). Aufgrund gerichtlicher Entscheidung vom 11. August 2005, die am 15. September 2005 rechtskräftig wurde, wurde der Kläger als Asylberechtigter anerkannt und erhielt infolgedessen am 21. Februar 2006 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Die Kinder A (geb. …. 1987) und B (geb. … 1996) reisten im September 2003 in die Bundesrepublik ein. Nach der Lebensbescheinigung vom 7. März 2006 lebten der Kläger und seine Ehefrau mit den Kindern jeweils in getrennten Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber. Seit 15. Mai 2006 hat der Kläger eine Wohnung in München angemietet.

Den am 31. März 2004 gestellten Kindergeldantrag lehnte die Beklagte (Familienkasse) mit Bescheid vom 26. April 2004 ab, da der Kläger weder im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis (§ 15 Ausländergesetz – AuslG) noch einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) sei. Nachdem der Kläger am 7. März 2006 einen erneuten Antrag auf Kindergeld für A und B gestellt hatte, setzte die Familienkasse mit Bescheid vom 28. März 2006 ab Februar 2006 Kindergeld fest, da der Kläger nunmehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG sei. Mit dem dagegen gerichteten Einspruch begehrte der Kläger Kindergeld seit 31. August 2003, mindestens jedoch seit 15. September 2005 (rechtskräftige Anerkennung als Asylbewerber). Im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 änderte die Familienkasse den Bescheid vom 28. März 2006 insoweit, als sie Kindergeld auch für den Zeitraum September 2005 bis Januar 2006 bewilligte. Im Übrigen wies sie den Einspruch als unbegründet zurück, da für den Zeitraum vor der rechtskräftigen Anerkennung als Asylberechtigter mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes kein Kindergeldanspruch gegeben sei. Auf die Einspruchsentscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrt der Kläger weiterhin, ihm Kindergeld ab 31. August 2003 bis einschließlich August 2005 zu gewähren. Zur Begründung weist er darauf hin, dass er anerkannter Asylberechtigter mit Aufenthaltserlaubnis und nicht Ausländer mit bloßer Duldung sei. Die Asylanerkennung sei nur deklaratorisch, nicht konstitutiv und bestätige sozusagen eine gegebene politische Verfolgung. Somit habe er von Anfang an einen rechtmäßigen, dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet. Die BFHEntscheidung vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443; BFH/NV 2007,1234) verkenne Art. 3 und 20 des Grundgesetzes (GG). Im Übrigen werde im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Köln vom 9. Mai 2007 10 K 1690/07 (EFG 2007,1247) beantragt, das Verfahren auszusetzen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Bescheids vom 28. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006, die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld ab 31. August 2003 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Kindergeldanspruch für den Zeitraum vor Mai 2004 bereits an der Bestandskraft des Bescheides vom 26. April 2004 scheitere. Im Übrigen bestehe gemäß § 62 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) kein Anspruch auf Kindergeld, da es im strittigen Zeitraum an einem dort genannten Aufenthaltstitel fehle, da der Kläger nur eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens gehabt habe. Unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443; BFH/NV ...

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