Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG bei Darlehen eines mittelbar Beteiligten an die Personengesellschaft. Näheverhältnis i. S. v. § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nur bei Beherrschung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Näheverhältnis i. S. v. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt nur vor, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.

2. Eine mittelbare Beteiligung des Darlehensgebers an der Darlehensnehmerin (KG), die nicht deren Beherrschung ermöglicht, genügt nicht, um ein Näheverhältnis zu begründen und infolgedessen die Anwendung der Abgeltungsteuer auf die Darlehenszinsen auszuschließen.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32d Abs. 1, 2 Nr. 1 Buchst. a

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2012 vom 14. November 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2015 wird die Einkommensteuer 2012 auf 120.558 EUR herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anwendung der Abgeltungsteuer auf inländische Kapitalerträge nach § 32d Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen im Rahmen von Kapitalanlagen und Beteiligungen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte und wurde vom Finanzamt (FA) M (Beklagter), u.a. zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In seiner ESt-Erklärung 2012 gab der Kläger in seiner Anlage KAP u.a. inländische Kapitalerträge aus Darlehen, die nicht dem Steuerabzug unterlegen haben, von der C Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) & Co. Grundbesitz Kommanditgesellschaft (KG – C-KG) i.H.v. 67.245,84 EUR und von der D GmbH & Co. Projekt KG (D-KG) i.H.v. 12.958,33 EUR, insgesamt 80.204,17 EUR, an. Außerdem erklärte er Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die der tariflichen ESt unterliegen, von der B Grundbesitz & Beteiligungs Aktiengesellschaft (AG – B-AG) i.H.v. 5.463,89 EUR. Als anrechenbare ausländische Steuern ergab sich aus den vorgelegten Bescheinigungen und den eingegangenen Mitteilungen über Beteiligungen insgesamt ein Betrag i.H.v. 4.561 EUR.

Der Kläger ist an der B-AG zu 22,5 % beteiligt, die wiederum jeweils 99 % der Anteile an der C-KG, die seit 22. April 1998 ins Handelsregister eingetragen ist, und der D-KG, die seit 16. Dezember 1997 ins Handelsregister eingetragen ist, hält. Der Kläger ist an der C-KG und der D-KG nicht beteiligt. Der Kläger hatte an die beiden Kommanditgesellschaften folgende, jeweils zu 10 % verzinsliche Darlehen ausgereicht:

C-KG:

Darlehensvertrag (Objekte …) vom 13. Dezember 2010 über 300.000 EUR, befristet bis zum 30. September 2014,

Darlehensvertrag (Objekte …) vom 13. Dezember 2010 über 50.000 EUR, befristet bis zum 30. Juni 2012,

Darlehensvertrag (Objekt …) vom 12. Januar 2011 über 100.000 EUR, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2012, durch Nachtragsvereinbarung verlängert bis zum 31. Dezember 2013,

Darlehensvertrag (Objekt …) vom 12. Januar 2011 über 100.000 EUR, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2012, durch Nachtragsvereinbarungen verlängert bis zum 30. Juni 2014 und

Darlehensvertrag (Objekt …) vom 12. Januar 2011 über 35.000 EUR, befristet bis zum 30. Juni 2012.

D-KG:

Darlehensvertrag (…) vom 27. Juni 2011 über 150.000 EUR, zunächst befristet bis zum 30. September 2013, durch Nachtragsvereinbarungen verlängert bis zum 31. Dezember 2014, Darlehensvertrag (…) vom 3. Juli 2011 über 120.000 EUR, befristet bis zum 30. Juni 2013.

Auf die Darlehensverträge wird im Einzelnen Bezug genommen.

Das FA versagte die Anwendung der Abgeltungsteuer auf die erklärten Darlehenszinsen mit der Begründung, der Kläger sei über die B-AG, an der er zu 22,5 % beteiligt sei, mittelbar zu 22,275 % (= 22,5 % × 99 %) beteiligt. Der Kläger und die beiden Kommanditgesellschaften seien daher einander nahestehende Personen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst a EStG i.S. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 9. Oktober 2012 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2012, 953, Rz. 136). Der Begriff „nahestehende Person” sei wie bei § 1 Abs. 2 Außensteuergesetz (AStG) auszulegen. Nach ...

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