Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung einer „strukturierten Wertpapierleihe” in Form einer Kombination eines Wertpapierpensionsgeschäfts, einer Wertpapierleihe und eines Aktien-Collaterals mit Aktienübertragungen jeweils kurz vor dem Dividendenstichtag, Austausch gegen neue Aktien nach der Dividendenausschüttung und Kompensationszahlungen in Höhe der Ausschüttungen. wirtschaftliches Eigentum an Aktien. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 3/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an im Rahmen einer „strukturierten Wertpapierleihe” sicherungsübereigneten Aktien erfolgt nicht, wenn dem Sicherungsnehmer aufgrund der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei wirtschaftlich sinnhafte Nutzung der Aktien möglich war und es den Vertragsparteien lediglich darum ging, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine „leere Eigentumshülle” zu übertragen, um die steuerlichen Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG zu erreichen, die dem Sicherungsgeber als Kreditinstitut für Handelsgeschäfte nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt waren.

2. Der Bezug der Dividenden und deren Weiterleitung im Rahmen von Kompensationszahlungen an die Bank als wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien ist bei dem Sicherungsnehmer wie ein durchlaufender Posten zu behandeln.

 

Normenkette

KStG § 8b Abs. 1, 5, 7; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2a, § 3c Abs. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft (AG). Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb des Versicherungsgeschäfts …

Der Körperschaftsteuerbescheid 2006 erging zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Klägerin mit der A – Bank von Mai 2006 bis Mitte 2007 echte Wertpapierpensionsgeschäfte mit gleichzeitigen Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe) durchgeführt hatte. Dem Abschluss vorausgegangen war ein von der A-Bank erstelltes Präsentationspapier „strukturierte Wertpapierleihe Diskussionspapier für die …”, in dem auf Grundlage eines Musterportfolios die Struktur der Transaktionen dargestellt wurde. Mit Datum vom 10.5.2006 übersandte die A-Bank der Klägerin ein Angebot, das von der Klägerin durch Rücksendung des gegengezeichneten Angebots angenommen wurde. Gleichzeitig schloss die Klägerin mit der A-Bank am 10.5.2006 einen Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte „Besondere Bestimmungen”. Dieser Rahmenvertrag bezieht in Ziff. 2 den Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte „Allgemeine Bestimmungen” Ausgabe Januar 2001 der Bankvereinigung der europäischen Union, den „Produktanhang für Pensionsgeschäfte, Ausgabe Januar 2001”, den „Produktanhang für Wertpapierdarlehen, Ausgabe Januar 2001”, den „Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen Ausgabe Januar 2001” der Bankvereinigung der Europäischen Union, in seine Geltung ein. Auf den Inhalt dieser Verträge und Unterlagen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.

Im Streitjahr 2006 wurden mehrere zeitlich hintereinander geschaltete Wertpapierpensionsgeschäfte mit anschließender Wertpapierleihe durchgeführt und wie folgt abgewickelt:

Im Rahmen der jeweils für die Dauer eines bestimmten Zeitraums durchgeführten Wertpapierpensionsgeschäfte gemäß § 340b Abs. 2 HGB erwarb die Klägerin von der A-Bank festverzinsliche Wertpapiere in Höhe von 123.230.000 EUR. Die Klägerin erhielt von der A-Bank einen Repozins in Höhe von insgesamt 454.263,11 EUR.

Während der Laufzeit der Pensionsgeschäfte wurde zwischen der Klägerin und der A-Bank jeweils eine Wertpapierleihe über die im Rahmen des Pensionsgeschäftes erworbenen festverzinslichen Wertpapiere vereinbart. Die A-Bank entrichtete hierfür eine Leihgebühr in Höhe von 0,02 % bezogen auf den ausmachenden Betrag der verliehenen festverzinslichen Wertpapiere. Die Klägerin verbuchte im Jahr 2006 eine Leihgebühr von 2.874,09 EUR als Ertrag.

Zur Absicherung der von der Klägerin verliehenen Wertpapiere erhielt diese von der A-Bank ein Aktien-Collateral an börsennotierten britischen Aktiengesellschaften.

Der Rahmenvertrag sieht dazu im „Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen” (im folgenden: Sicherheitenanhang) folgendes vor:

1.

„Nettoausfallrisiko

(1)

… Übersteigen zu einem Zeitpunkt, zu dem das Nettoausfallrisiko nach Abs. 2 berechnet wird, die Verbindlichkeiten einer Partei (des Sicherungsgebers) aus Pensionsgeschäften, Wertpapierdarlehen oder Sicherheitsleistungen nach diesem Anhang die Verbindlichkeiten der anderen Partei (des Sicherungsnehmers) aus solchen Geschäften, kann der Sicherungsnehmer durch Erklärung an den Sicherungsgeber diesen auffordern, ihm einen Geldbetrag oder Wertpapiere… zu übertragen, der … mindestens den Betrag des Nettoausfall...

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