rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung und Ermittlung des Übernahmegewinns gem. § 4 Abs. 4 UmwStG 2002 bei unentgeltlich nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erworbenen GmbH-Anteilen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird der Gesellschafter einer GmbH durch unentgeltlichen Hinzuerwerb der übrigen GmbH-Anteile (hier: durch Vorausvermächtnis beim Tod des Vaters) Alleingesellschafter und wird nunmehr die GmbH als übertragende Gesellschaft durch Aufnahme auf das Einzelunternehmen des Steuerpflichtigen verschmolzen, so ist der dabei entstehende Übernahmegewinn nach § 4 Abs. 4 UmwStG 2002 auch dann vollumfänglich vom Steuerpflichtigen zu versteuern, wenn nach § 2 Abs. 1 UmwStG 2002 rückwirkend ein zeitlich noch vor dem unentgeltlichen Erwerb liegender Zeitpunkt (im Streitfall: zwei Wochen vor dem Tod des Vaters) als steuerlicher Übertragungsstichtag gewählt wird. Es ist nicht möglich, einem nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag verstorbenen, am steuerlichen Übertragungsstichtag aber noch am Stammkapital der GmbH beteiligten anderen Steuerpflichtigen bzw. dessen Erben den Übernahmegewinn anteilig im Umfang der damaligen Beteiligung zuzurechnen.

2. Auch die Voraussetzungen für eine Kürzung des Übernahmegewinns nach § 4 Abs. 4 S. 3 UmwStG 2002 i. V. m. § 9 Abs. 1 UmwStG 2002 sind nicht erfüllt; vielmehr ist der Wert der Wirtschaftsgüter der GmbH, auch soweit er auf die vom Steuerpflichtigen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag unentgeltlich durch ein Vorausvermächtnis erworbenen, beim Rechtsvorgänger zum Privatvermögen gehörenden GmbH-Anteile entfällt, gem. § 5 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 UmwStG 2002 in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses miteinzubeziehen.

3. § 5 Abs. 2 UmwStG 2002 erfasst auch solche Anteile i. S. d. § 17 EStG, die erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag – entgeltlich oder unentgeltlich – in das Privatvermögen erworben wurden.

4. Auch wenn § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG nur die übergegangenen „Wirtschaftsgüter” anspricht, gilt die Vorschrift entsprechend für sonstige Bilanzpositionen wie Rechnungsabgrenzungsposten (Ausführungen zur Berechnung des Übernahmegewinns).

 

Normenkette

UmwStG 2002 § 4 Abs. 4 Sätze 1-3, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 2 Sätze 1-2, § 9 Abs. 1; UmwG § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, §§ 4, 120 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 17 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.09.2020; Aktenzeichen X R 36/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger ein aufgrund der Verschmelzung einer GmbH im Wege der Aufnahme entstandener Übernahmegewinn in zutreffender Höhe zugerechnet wurde.

Am […] DM betragenden Stammkapital der durch Gesellschaftsvertrag vom […] 1983 gegründeten „X-GmbH” waren zunächst der Vater des Klägers mit einem Geschäftsanteil von […] DM (28 %) und der Kläger, sein Bruder sowie seine Mutter mit Geschäftsanteilen von je […] DM (24 %) beteiligt. Die Stammeinlagen wurden jeweils zur Hälfte einbezahlt. Mit notarieller Urkunde vom […] 1996 übertrug der Bruder des Klägers seinen Anteil an der inzwischen als „Y-GmbH” firmierenden GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts […] unter Nummer HRB […]; im Folgenden: GmbH) auf seinen (und des Klägers) Vater zu einem Kaufpreis von […] DM. In ihrem gemeinschaftlichen Testament vom […] 1998 setzten sich die Eltern des Klägers gegenseitig zu alleinigen Vorerben und den Kläger und seinen Bruder zu Nacherben und zugleich zu Erben des Letztversterbenden zu gleichen Teilen ein. Zu Gunsten des Klägers ordneten sie an, dass dieser die Beteiligung des Erstversterbenden an der GmbH als sofort nach dem Tod des Erstversterbenden zu erfüllendes Vermächtnis und die Beteiligung des Letztversterbenden an der GmbH als sofort nach dem Tod des Letztversterbenden zu erfüllendes Vorausvermächtnis erhält.

Aufgrund dieser Vermächtnisse erhielt der Kläger nach dem Tod der Mutter am […] 2003 deren 24%-ige GmbH-Beteiligung und nach dem Tod des Vaters am […] Oktober 2005 dessen mittlerweile 52%-ige GmbH-Beteiligung. Im Erbteilskaufvertrag vom […] 2006, mit dem der Kläger die hälftigen Erbanteile seines Bruders als Nacherbe nach seiner Mutter und als Erbe seines Vaters mit Wirkung zum […]. Oktober 2005 zu einem Kaufpreis von […] EUR kaufte, ist ausdrücklich vorgesehen, dass die im gemeinschaftlichen Testament der Eltern bestimmten und bei Vertragsschluss bereits erfüllten Vermächtnisse bei ihren derzeitigen Inhabern verbleiben (Abschnitt 2 Zif. 6 des Erbteilskaufvertrages). Weiter ist in Abschnitt 2 Zif. 4 des Erbteilskaufvertrages vereinbart, dass der Kläger seinen Bruder von sämtlichen Verbindlichkeiten der Nachlässe einschließlich etwaiger Steuernachforderungen freistellt.

Aufgrund Verschmelzungsvertrags vom […] Juni 2006 sowie Beschlusses ihrer Gesellschafterversammlung vom gleichen Tag wurde die GmbH als übertragende Gesellschaft im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme mit dem Vermögen des Klägers als ihre...

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