Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnsitz des Kindergeldberechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Innehaben eines Wohnsitzes im Inland setzt neben dem Zurverfügungstehen einer Wohnung voraus, dass diese nicht nur gelegentlich zu Besuchszwecken aufgesucht wird.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 6; AO § 8

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.07.2022; Aktenzeichen III R 47/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Beklagte (die Familienkasse) die Festsetzung von Kindergeld für das Kind des Klägers M, geboren am 25. Oktober 2015, im Streitzeitraum Oktober 2015 bis Januar 2017 zu Recht abgelehnt hat.

Das Kind des Klägers besitzt wie die Mutter des Kindes die spanische Staatsangehörigkeit und lebt nach Angaben des Klägers in Spanien. Der Kläger ist seit 3. März 2014 (bis 30. November 2014; von 9. April 2015 bis 30. November 2015) mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 12 Stunden pro Woche nichtselbständig in Spanien beschäftigt. Außerdem betreibt er in Spanien seit 1. Januar 2016 eine Bootsvermietung. Hinsichtlich seiner selbständigen Tätigkeit ist der Kläger in Spanien kranken- und rentenversichert. Anlässlich seiner Inlandsaufenthalte in Deutschland im Jahr 2015 war der Kläger aushilfsweise zusätzlich im elterlichen Metzgereibetrieb tätig. Seit Oktober 2015 übte der Kläger in Deutschland keine Erwerbstätigkeit mehr aus. Im Kindergeldantrag vom 9. Mai 2016 gab der Kläger einen in Spanien gelegenen Wohnsitz an. Auf Nachfrage der Familienkasse vom 20. Juli 2016 teilte der Kläger mit am 3. August 2016 bei der Familienkasse eingegangenen Schreiben mit, dass er seit Oktober 2015 nicht mehr in Deutschland gewesen sei. Er könne nicht genauer angeben, wann er, das Kind und seine Lebensgefährtin in Deutschland lebten. Meistens kämen sie zweimal pro Jahr nach Deutschland, in der Zeit Juli bis August und November bis Februar. In Spanien arbeite er saisonell von März bis Juni und September bis November.

Mit Bescheid vom 27. September 2016 lehnte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht über einen Wohnsitz in Deutschland verfüge. Er sei in Deutschland auch weder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig noch werde er als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Einspruchs führte der Kläger aus, dass er ausweislich der Bestätigung des Finanzamts Y vom 28. Juli 2016 seit 1. Februar 2015 als unbeschränkt Steuerpflichtiger geführt werde. Der Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2017 ohne Erfolg, da der Kläger weder über einen Wohnsitz in Deutschland verfüge noch im Streitzeitraum eine Erwerbstätigkeit in Deutschland ausgeübt habe. Eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) liege nicht vor.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Vertreter des Klägers zunächst vor, dass die Familienkasse zutreffend festgestellt habe, dass der Kläger im Inland weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch einen Wohnsitz habe. Es seien jedoch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG gegeben, wie sich aus der Bestätigung des Finanzamts Y vom 28. Juli 2016 ergebe. Diese Feststellung des Finanzamts sei für die Familienkasse bindend. Mit Schriftsatz vom 14. September 2017 weist der Klägervertreter darauf hin, dass der Kläger entgegen der bisherigen Annahme doch über einen Wohnsitz in Deutschland verfüge. Die Wohnung in der X Straße 49-51 in Y habe eine Wohnfläche von ca. 100 qm und sei vom Kläger voll möbliert worden. Die Wohnung stehe dem Kläger ganzjährig zur Verfügung und er nutze sie regelmäßig etwa vier Monate im Jahr. Bei der Einordnung seitens des Finanzamts Y handle es sich entgegen bisheriger Annahme doch um das Bestehen einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2018 trägt der Klägervertreter vor, dass der Kläger erstmals im September 2012 nach Spanien übergesiedelt sei. Im Jahr 2013 habe er sich (seit 22. November 2012) vom 1. Januar bis 28. Februar, vom 18. August bis 20. September und vom 1. bis 31. Dezember, im Jahr 2014 vom 1. Januar bis 1. März, vom 25. August bis 4. September und vom 29. November bis 26. Dezember, im Jahr 2015 vom 27. Januar bis 4. Februar, von 25. Juli bis 2. September und vom 1. bis 31. Dezember, im Jahr 2016 vom 1. Januar bis 3. Februar, vom 3. Juli bis 30. August und vom 9. bis 18. Dezember und im Jahr 2017 vom 23. bis 25. Juni und vom 15. bis 26. Dezember in Deutschland aufgehalten. Diese Aufenthaltszeiten – mit Ausnahme des Datums 25. Juni 2017 für die Rückkehr nach Spanien, für die in der Aufstellung das Datum 25.07.2017 genannt ist – ergeben sich auch aus einer vom Kläger erstellten Aufstellung über Aufenthaltszeiten in Deutschland, die der als Zeuge benannte Vater des Klägers mit seiner Unterschrift bestätigte. Mit Schriftsatz vom 27. März 2018 trägt der Klägervertreter vor, dass es sich...

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