Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen an die betriebliche Versorgungskasse nach dem österreichischen „Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz” sind bei inländischen Grenzgängern als Zukunftssicherungsleistungen steuerfrei

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Durch Beitragsleistungen nach dem österreichischen „Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz” entsteht im Vermögen inländischer Grenzgänger ein unentziehbarer Rechtsanspruch, welcher das Vermögen des berechtigten Arbeitnehmers bereits im Zeitpunkt der Beitragsleistung gemehrt hat.

2. Die Beitragszahlungen sind gem. § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu stellen.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nrn. 59, 62-63, § 11 Abs. 1; DBA AUT Art. 15 Abs. 6

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 7. Juli 2014 und des Einkommensteuerbescheides 2014 vom 9. Juli 2015, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2015, wird die Einkommensteuer 2013 auf 2.577 EUR und die Einkommensteuer 2014 auf 7.260 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten wegen der Berücksichtigung geleisteter Beiträge (1,53 % des Bruttoentgelts) nach dem österreichischen Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG) als zugeflossene Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in den Streitjahren 2013 und 2014.

Zum 1. August 2013 hatten die Kläger ihren Wohnsitz von Österreich nach Deutschland verlegt und dabei ihre Beschäftigung in Österreich beibehalten. Unstreitig ist auf sie die Grenzgänger-Regelung des Art. 15 Abs. 6 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom VermögenDBA Österreich – anzuwenden, so dass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit in den Streitjahren bei der Bundesrepublik Deutschland liegt.

Der österreichische Arbeitgeber hatte, wie ihm durch § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG vorgegeben, Beiträge in Höhe von 1,53 v.H. des Bruttolohns an die betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) des Klägers geleistet und die Höhe dieser Beiträge gesondert, neben den weiteren Lohnzuwendungen, bescheinigt.

Durch die Leistung der Beiträge erwirbt der Arbeitnehmer (vgl. § 3 Nr. 2 BMSVG) sogenannte Abfertigungsanwartschaften (vgl. § 3 Nr. 3 BMSVG), die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 14 Abs. 1 BMSVG) in unterschiedlicher Weise (vgl. § 17 BMSVG) zur Auszahlung gelangen können. Die Auszahlung ist an verschiedene Bedingungen geknüpft (vgl. § 14 Abs. 2 BMSVG). Ein Verfall der geleisteten Beiträge ist nicht vorgesehen, im Falle des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt, auch wenn die besonderen Voraussetzungen für die Auszahlung nach 14 Abs. 2 BMSVG nicht vorliegen (vgl. § 14 Abs. 5 BMSVG).

Das Finanzamt rechnete dem vom Kläger als Grenzgänger bezogenen Bruttoarbeitslohn die Beiträge in den Streitjahren 2013 und 2014 hinzu, wodurch sich dessen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, entsprechend erhöhten.

Auch für die Klägerin, ebenfalls Grenzgängerin, wurde (nur) für das Jahr 2013 ein Zurechnungsbetrag errechnet, der sich allerdings auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht auswirkte, da deren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit auch unter Berücksichtigung des Zurechnungsbetrages mit 0 EUR zum Ansatz kamen. Entgegen der Annahme des Finanzamts wurden nach den Bescheinigungen der BV-Kasse der Klägerin weder im Jahr 2013 noch im Jahr 2014 Beiträge für diese geleistet.

Das in Folge der Einlegung entsprechender Einsprüche geführte Einspruchsverfahren gegen die Berücksichtigung der Beiträge als steuerpflichtigem Lohn blieb mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2015 ohne Erfolg.

Hiergegen wendet sich die streitgegenständliche Klage.

Die Kläger wenden ein, es seien pauschal Hinzurechnungen vorgenommen worden, ohne Besonderheiten zu berücksichtigen, wie den Umstand bei der Klägerin, dass für diese keine Beiträge in den Streitjahren geleistet worden seien.

Die Kläger vertreten die Auffassung, der im Zuge der Beitragsleistungen nach § 6 BMSVG entstehende „Abfertigungsanspruch” könne nicht als unentziehbarer Anspruch qualifiziert werden. Nach Meinung der Kläger bestehe die Möglichkeit des Verlustes bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder im Falle einer durch den Arbeitnehmer verschuldeten Kündigung.

Auch sei offen, in welcher Form der „Abfertigungsanspruch” zur Auszahlung gelange. Der Arbeitnehmer könne bei Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen zwischen einer Auszahlung in Form eines Einmalbetrages bei Beendigung de...

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