Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerabzug bei umfassender Rechteüberlassung ausländischer Autoren und Journalisten
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine selbständige schriftstellerische Tätigkeit - hier die Fertigung eines Drehbuchs - wird dort verwertet, wo der Autor dem Verleger die Autorenrechte überlässt. Dies ist in der Regel der Ort der Geschäftsleitung des Verlags.
2) Eine Nutzungsüberlassung i.S. des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG ist nur die Überlassung zur Nutzung, nicht die endgültige Rechteüberlassung.
3) Soweit und solange der Verbleib eines Nutzungsrechts beim Berechtigten ungewiss ist, weil das Recht an den Übertragenden zurückfallen kann oder dem Berechtigten aus anderen Gründen nicht endgültig verbleibt, liegt keine endgültige Rechteüberlassung vor.
4) Die Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG besteht auch beim Erwerb von Verfilmungsrechten von einer in Großbritannien ansässigen Ltd.
Normenkette
EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2f; AO § 39 Abs. 2; EStG § 50a Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung des Erwerbs von Verfilmungsrechten, im Kern über die Frage, ob eine zeitlich beschränkte Überlassung von Rechten und damit eine Verpflichtung zum Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – oder eine Veräußerung von Rechten mit Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf die Klägerin vorliegt.
Die Klägerin ist eine deutsche GmbH, die zu einem größeren Medienkonzern gehört. Sie beabsichtigte einen Roman sowohl für das Kino als auch in einer abweichenden Fernsehfassung zu verfilmen. In diesem Zusammenhang schloss sie mit der A Limited – im Folgenden: Ltd. –, einer in Großbritannien ansässigen Gesellschaft ohne Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland, im Oktober 2010 einen Autorenvertrag in Bezug auf die Überarbeitung eines von einem Dritten (Herrn W) verfassten Drehbuchs.
Dem erkennenden Senat liegen weder der Vertrag zur Übertragung der Verfilmungsrechte von Seiten des Romanverfassers (Herr P) noch die Verträge im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Drehbuch (von W) oder der erstmaligen Überarbeitung des Drehbuchs durch die Ltd. vor. Keiner dieser Verträge ist unmittelbarer Gegenstand des vorliegenden Streitverfahrens. Streitgegenständlich ist vielmehr die steuerliche Behandlung eines Teils der Durchführung eines weiteren zwischen der Klägerin, der Ltd. sowie den natürlichen Personen Herrn E und Herrn E1 als Autoren abgeschlossenen Vertrags. Die Klägerin schloss mit der Ltd. als Auftragnehmerin sowie den beiden Autoren ausweislich des hier in englischer Originalsprache und deutscher Übersetzung vorliegenden Vertrages am 10. März 2011 einen (weiteren) Autorenvertrag mit dem Ziel der Fortentwicklung und Überarbeitung des Drehbuchs für die Kinofassung sowie der Neuerstellung eines Drehbuchs zwecks Verfilmung im Rahmen eines Zweiteilers.
Die Klägerin beauftragte die Ltd. damit, die Leistungen der Autoren zu den in dem Vertrag festgelegten Bedingungen und Konditionen zu erbringen. Dazu verpflichtete sich die Ltd., wobei die beiden Autoren ausdrücklich zusicherten, dass die Ltd. berechtigt sei, den Vertrag abzuschließen und die darin dargelegten Rechte zu gewähren und abzutreten. Sie erklärten sich ausdrücklich damit einverstanden, an die Bedingungen und Konditionen des Vertrages in gleichem Maße gebunden und durch sie verpflichtet zu sein, wie sie es wären, wenn sie unmittelbare Partei des Vertrages wären. Außerdem waren dem Vertrag zwei umfassende, als wesentliche Bestandteile des Vertrages definierte (§ 2 Abs. 3 Hauptvertrag) Anlagen beigefügt, mit denen die beiden Autoren weitgehend übereinstimmend die Rechte auf die Klägerin übertrugen.
Die Ltd. und die beiden Autoren räumten der Klägerin das ausschließliche, inhaltlich, zeitlich wie auch räumlich nicht beschränkte Recht insbesondere zu Film-/ Fernsehzwecken, zur weltweiten Verwertung des Werkes einschließlich aller von der Ltd. und den Autoren produzierten oder vorgelegten Materialien und für sämtliche Nutzungen ein (§ 2 Hauptvertrag, §§ 1 und 2 der Anlage). Dabei umfasste das Recht der Klägerin auch die Bearbeitung und Veränderung (§ 2 Abs. 3 Hauptvertrag i.V.m. § 2 Abs. 1.4 Anlage). Die Einräumung der Rechte an die Klägerin sollte unwiderruflich sein. Rücktritt, Kündigung oder ähnliche Formen der Rückabwicklung waren ausdrücklich ausgeschlossen (§ 9 Abs. 1 Hauptvertrag). Die Klägerin war berechtigt das Urheberrecht und Urheberrechtsverlängerungen in Bezug auf das Werk im ganzen Universum einzutragen und zu sichern (§ 8 Abs. 4 Hauptvertrag) und alle Rechte, die Gegenstand des Vertrages waren, vollständig oder teilweise auf Dritte zu übertragen (§ 2 Abs. 5 Hauptvertrag).
Soweit Verwertungs- und Nutzungsrechte auf der Basis zwingender gesetzlicher Beschränkungen nicht auf die Klägerin übertragen worden seien, verpflichteten sich die Ltd. und die Autoren auf Anforderung der Klägerin diese Rechte im Zeitpunkt ihres Inkrafttreten...