Revision ist zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung aufgrund Rechtsprechung nach Aufstellungszeitpunkt

 

Leitsatz (redaktionell)

Liegt im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Bilanzierungsfrage vor, ist jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als richtig anzusehen. Eine von der gewählten Bilanzierung abweichende erstmalige Rechtsprechung zu der Bilanzierungsfrage führt dann nicht zur Unrichtigkeit der Bilanz und rechtfertigt folglich keine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen I R 40/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung aufgrund einer erst nach dem Aufstellungszeitpunkt eingetretenen Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Auf der Grundlage des von der Klägerin am 00.4.2002 aufgestellten Jahresabschlusses zum 31.12.2001 ergingen im Jahr 2002 erklärungsgemäße Festsetzungen der Körperschaftsteuer (… EUR) und des Gewerbesteuermessbetrags (… EUR) für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Rahmen einer am 00.4.2005 begonnenen Betriebsprüfung für die Jahre 2000 – 2003 durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D. (Bericht vom 00.2.2006) ermittelte die Prüferin für das Jahr 2001 eine Minderung des Steuerbilanzgewinnes um … DM und eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um … DM. Die Veränderung des Steuerbilanzgewinnes beruhte auf der Minderung eines Aktivpostens (…maschine) um … DM und einer Erhöhung der Steuerrückstellungen um … DM. Die überschießende Einkommenserhöhung ergab sich durch eine Gewinnhinzurechnung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.H.v. … DM anlässlich der Verschmelzung der Beteiligungsgesellschaft F. GmbH auf die Klägerin und eine Erhöhung der nicht abziehbaren Aufwendungen i.H.v. … DM.

Mit Schreiben vom 00.3.2006 wies die Klägerin auf einen zusätzlichen Rückstellungsbedarf im Jahr 2001 für die Kosten zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in Höhe von … EUR hin, der nach dem Urteil des BFH vom 19.8.2002 VIII R 30/01 (BStBl II 2003, 131) zu ihren Gunsten berücksichtigt werden müsse. Wegen der Zusammensetzung und der Berechnung dieser Rückstellung wird auf die Anlage 8 zur Klageschrift Bezug genommen.

Bei der Auswertung der – im übrigen unstreitigen – Feststellungen der Betriebsprüfung mit den nach § 164 Abs. 2 AO ergangenen Änderungsbescheiden für das Jahr 2001 vom 00. und 00.5.2006 (Körperschaftsteuer: … EUR; Gewerbesteuermessbetrag: … EUR) berücksichtigte der Beklagte die begehrte Rückstellung nicht, da eine solche nach seiner Auffassung frühestens in der ersten nach dem Datum der Entscheidung, also dem 19.8.2002, aufzustellenden Bilanz passiviert werden könnte. Hierzu verwies er auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 10.5.2005 S – 2141 A – St 11. Danach sei ein Bilanzansatz nicht fehlerhaft, wenn zu einer bestimmten Rechtsfrage im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zwar noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliege, der Bilanzansatz aber der bis dahin von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung entspreche. Führe eine erstmalige anderweitige BFH-Rechtsprechung zu einer Änderung der bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung, so könne der Bilanzansatz erst mit deren Datum aus Sicht des Steuerpflichtigen subjektiv unrichtig werden.

Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Beklagte mit den Änderungsfestsetzungen auf.

Die hiergegen gerichteten Einsprüchen wies der Beklagte am 00.10.2006 zurück. Zur Begründung verwies er auf den Senatsbeschluss gleichen Rubrums vom 14.8.2006 – 13 V 2530/06 –, mit dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzungen verneint worden waren.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass sich aus dem Urteil des BFH vom 19.8.2002 ein handelsrechtliches Passivierungsgebot für die Kosten der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ergebe, dem auch für Zwecke der Steuerbilanz zu folgen sei. Diese Passivierungspflicht bestehe unabhängig davon, dass die Entscheidung des BFH erst nach dem streitgegenständlichen Zeitraum 2001 ergangen sei. Es sei seit langem anerkannt, dass ein falscher Bilanzansatz durch einen richtigen Bilanzansatz in dem letzten berichtigungsfähigen Jahr zu ersetzen sei. Ebenfalls sei anerkannt, dass bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Bilanzansatz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden könne, korrigiert werden müsse. Dies müsse erst recht gelten, wenn die Rechtsprechung erstmals neue Bilanzierungsgrundsätze aufstelle. Im Streitfall könnten die Veranlagungen für das Jahr 2001 unbeschränkt geändert werden, da der Vorbehalt der Nachprüfung erst mit den rechtsbehelfsbefangenen Bescheiden aufgehoben worden sei. Der Bilanzierungsfehler müsse daher im Jahr 2001 berichtigt werden.

Die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 10.5.2005

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