Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung von mit ausländischer Quellensteuer belegten ausländischen Kapitalerträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Nach der im Streitjahr (2010) bestehenden innerstaatlichen deutschen Gesetzeslage bestand weder eine zwingende noch wahlrechtsgebundene Beschränkung der nach § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG vorzunehmenden Verlustverrechnung auf inländische und nicht quellensteuerbelastete ausländische Kapitalerträge.

2) §§ 20 Abs. 6 Satz 3, 32d Abs. 5 Satz 3 EStG sind verfassungs- und unionrechtskonform. Sie verstoßen insbesondere weder gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) noch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV).

 

Normenkette

EStG § 32d; AEUV Art. 49, 63; EStG § 20 Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2021; Aktenzeichen VIII R 22/18)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Behandlung von mit ausländischer Quellensteuer belegten ausländischen Kapitalerträgen streitig.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer im Dezember 2011 eingereichten Steuererklärung für 2010 deklarierten sie – neben positiven inländischen Kapitaleinkünften und nicht quellenbesteuerten ausländischen Kapitalerträgen – folgende quellenbesteuerte Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen:

Ehemann

Ehefrau

Summe

ausländische Kapitaleinkünfte aus EU-Ländern

430.250,56 €

3.913,00 €

434.163,56 €

hierauf entfallende EU-Quellensteuer

55.678,72 €

587,05 €

56.265,77 €

ausländische Kapitaleinkünfte aus Drittstaaten

54.572,00 €

0,00 €

54.572,00 €

hierauf im Drittstaat entfallende Quellensteuer

6.318,54 €

0,00 €

6.318,54 €

Insgesamt wurden von den Klägern ausländische Kapitaleinkünfte i.H.v. 488.735,56 € erklärt, die im Ausland einer Quellensteuer i.H.v. 62.584,31 € unterworfen worden waren. Bei den erklärten ausländischen Quellensteuern handelte es sich um die bereits nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gekürzten Beträge.

Ferner deklarierten die Kläger im Streitjahr 2010 nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen (ohne Verluste aus der Veräußerung von Aktien) i.H.v. 1.741.777,00 €.

Der Beklagte veranlagte die Kläger für das Streitjahr erklärungsgemäß. Dabei nahm er nicht nur in Höhe der von den Klägern erklärten positiven inländischen Kapitalerträge, sondern auch in Höhe der von ihnen erklärten positiven ausländischen Kapitaleinkünfte eine Verrechnung mit den erklärten nicht ausgeglichenen Verlusten aus Kapitalvermögen (ohne Aktienveräußerungsverluste) vor. Der verbleibende Verlustvortrag des Klägers auf den 31.12.2010 für die Einkünfte aus Kapitalvermögen (ohne Aktienveräußerungsverluste) wurde folglich auch um die positiven ausländischen Kapitaleinkünfte von 488.735,56 € gemindert. Da die Summe der erklärten positiven inländischen und ausländischen Kapitalerträge niedriger war als die erklärten ausgleichsfähigen Verluste aus Kapitalvermögen, wurden die Kapitaleinkünfte der Kläger in dem am 11.04.2012 ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2010 mit 0 € angesetzt. Der verbleibende Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2010 wurde mit ebenfalls vom 11.04.2012 datierendem Bescheid für den Kläger hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen (ohne Veräußerung von Aktien) mit dem zwischen den Beteiligten rechnerisch unstreitigen Betrag von 241.258 € gesondert festgestellt.

Mit ihren hiergegen fristgerecht eingelegten Einsprüchen beantragten die Kläger – neben weiteren, vorliegend nicht streitbefangenen Punkten –, ihre mit ausländischer Quellensteuer belegten positiven Kapitaleinkünfte nicht in die Verrechnung mit den nicht ausgeglichenen Verlusten aus Kapitalvermögen einzubeziehen, sondern unter Anrechnung der ausländischen Quellensteuer der inländischen Besteuerung zu unterwerfen und den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2010 um 488.736 € auf 729.994 € zu erhöhen. Hilfsweise begehrten sie eine Erstattung der auf die ausländischen Kapitalerträge angefallenen Quellensteuern i.H.v. 62.584,31 €. Zur Begründung führten die Kläger im Wesentlichen aus: Aufgrund der Verrechnung der positiven ausländischen Kapitalerträge i.H.v. 488.736 € mit den nicht ausgeglichenen Verlusten aus Kapitalvermögen i.H.v. 1.741.777 € falle auf die ausländischen Kapitalerträge unmittelbar keine deutsche Einkommensteuer an, auf welche die ausländischen Quellensteuern anrechenbar wären. Die Verlustverrechnung habe zur Folge, dass sich der verbleibende Verlustvortrag um den Betrag der im Streitjahr bezogenen positiven ausländischen Kapitalerträge vermindere und somit im Folgejahr nicht mehr zur Verrechnung mit anderen steuerpflichtigen Kapitaleinkünften zur Verfügung stehe. Im wirtschaftlichen Ergebnis unterlägen die positiven ausländischen Kapitalerträge des Jahres 2010 im Folgejahr der deutschen Einkommensteuer, ohne dass eine Anrechnung der hierauf geleisteten ausländischen Quellensteuern erfolgen könne. Während die inländischen positiven Kapitalerträge des Jahres 2010 neben dem belastenden Verlustverbrauch nicht noch zusätzlich mit Einkommensteuer b...

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