Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Rechte i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG sind Immaterialgüterrechte, d.h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigen Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis und entsprechende Abwehrrechte enthalten.

2) § 8 Nr. 1 Buchst f. GewStG ist verfassungsgemäß und europarechtskonform.

3) Aufwendungen für Dienstleistungen unterliegen unabhängig davon, ob sie in personeller Weise oder nichtpersoneller Weise (z.B. technische Vermittlungsleistungen im Kommunikationsbereich, vollelektronische Handelssysteme) erbracht werden, nicht § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.

4) § 8 Nr. 1 Buchst. f. GewStG findet danach auf Aufwendungen für die Vermittlung von Reiseleistungen zwischen Anbieter und Nachfrager über ein Marktplatzsystem keine Anwendung.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. f

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.04.2018; Aktenzeichen III R 25/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2008 darüber, ob Zahlungen im Zusammenhang mit computerisierten Reiseinformations- und -vertriebssystemen einer Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG 2008 unterliegen.

Die Klägerin ist eine beim Amtsgericht L unter HRB … eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gegenstand die Vermittlung von Reisen sowie die Übernahme aller damit im Zusammenhang stehender Dienstleistungen, Marketing, Werbung sowie Mediaplanung und -schaltungen ist. Das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr beginnt am 1. November und endet am 31. Oktober des Folgejahres.

Haupttätigkeit der Klägerin ist die Vermittlung von Reisen des Reiseveranstalters … (…; nachfolgend „Reiseveranstalter”) unter der Marke „R” nach …. Der Vertrieb erfolgt einerseits über die Website der Klägerin (www…de), via Telefon oder E-Mail „Direktbuchung”), andererseits über sog. Computerreservierungssysteme (CRS) verschiedener Systemanbieter. Hauptsächlich erfolgt hierbei die Vermittlung über das CRS „B”, in wesentlich geringerem Umfang werden auch – unabhängig von B – anderweitige Systeme (…, …., etc.) genutzt.

B … ist ein von der B GmbH betriebenes CRS in Form einer elektronischen Handels-plattform mit beschränktem Nutzerkreis. B schließt einerseits Verträge mit „Anbietern” (Reiseveranstalter und -vermittler, Fluggesellschaften, Hotelbetreiber, etc.), andererseits mit „Nutzern” (Reisebüros).

Die Klägerin stellt hierzu als Anbieterin – mit Wissen und Zustimmung des Reiseveranstalters sowie der B GmbH – konkrete Reiseprodukte des Reiseveranstalters in das System ein. Die Reisebüros können hierauf zugreifen und Buchungen vornehmen. Bei erfolgreicher Buchung sendet die Klägerin eine von B vorbereitete Buchungsbestätigung nebst Rechnung an den Nutzer (Reisebüro). Sie vereinnahmt auch das Reiseentgelt des Reisenden (Endkunden) und leitet dieses unverzüglich und vollständig an den Reiseveranstalter weiter. Vom Reiseveranstalter erhält die Klägerin für die Vermittlungsleistung eine Provision, ihrerseits zahlt die Klägerin auch Provisionen an die (ebenso vermittelnden) Reisebüros.

In technischer Hinsicht stellt die Klägerin Daten von Reiseleistungen (z. B. Pauschalreisen) in einen von ihr betriebenen Server „Anbieter-Rechner”) ein, welcher nach genauen Vorgaben des B-Systems konfiguriert ist. Dieser Server ist über eine abgesicherte Verbindung (VPN-Verbindung) mit dem von der B GmbH betriebenen B-Server verbunden, auf welchem die Handelsplattform betrieben wird. Die Reisebüros greifen über den B-Server für ihre Buchungsanfragen und Buchungen auf den Server der Klägerin zu.

Die Klägerin verwaltet ihre Reiseangebote mittels einer eigenen – hier nicht im Streit stehenden – Software. Auf den Rechnern der Klägerin befindet sich ferner zur Schaltung von Angeboten eine Zugangsschnittstelle nebst Log-In-Daten zum Zugriff auf das B-Anbietersystem. Die Klägerin legt hierzu Reisedaten nach bestimmten Spezifikationen auf ihrem Server ab. Eine von B bereitgestellte anderweitige / weitergehende Software zum Anbieten von Reiseleistungen ist insoweit nicht installiert und in technischer Hinsicht auch nicht erforderlich.

Da die Klägerin zur Erbringung ihrer Reiseleistungen im Einzelfall Möglichkeiten zur Abfrage oder Buchung von Reiseleistungen benötigt, sind der Klägerin von B auch eine Lizenz einer mobilen Software „…”) und 13 Lizenzen einer arbeitsplatzbezogenen Software „…”) überlassen worden. Die Klägerin greift insoweit nicht als Anbieter, sondern als Nutzer „Nachfrager”) auf das B-System zu.

Die vertraglichen, organisatorischen und technischen Details zwischen der Klägerin als „Anbieter” und B als „Portalbetreiber” sind wie folgt geregelt:

Mit Vertrag vom … Oktober 2006 (Unterschrift des Vertreters der Klägerin) schlossen die B GmbH „B „) und die Klägerin (im Vertrag „Anbieter” genannt) einen sog. Anbietervertrag mit der Lizenznummer ….

Gemäß Teil A (Präambel) betreibt B ein computerisiertes Reiseinformations- und – vertriebssystem „B Syst...

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