Entscheidungsstichwort (Thema)

Angehörigendarlehen bei wegen Vollmachtsmissbrauchs zivilrechtlich sittenwidrigem Insichgeschäft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Verträge unter nahen Angehörigen werden in der Regel nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und leicht nachprüfbar sind und dem entsprechen, was unter sonst gleichen Umständen auch zwischen fremden Personen hätte vereinbart werden können. Zudem muss die tatsächliche Durchführung des Vertrags wie unter fremden Dritten erfolgt sein.

2) Ein Angehörigendarlehen, das auf einem wegen Vollmachtsmissbrauchs zivilrechtlich sittenwidrigem Insichgeschäft beruht, ist steuerlich nicht anzuerkennen.

 

Normenkette

BGB §§ 181, 138; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2, § 9

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen IX B 6/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Werbungskostenabzug von als Darlehenszinsen bezeichneten Zahlungen des Klägers an seine Mutter bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dem Kläger war von seiner 1922 geborenen Mutter am 10.10.1985 eine notarielle Generalvollmacht erteilt worden, die für alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen sowie über den Tod der Mutter hinaus galt und den Kläger von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in den Verwaltungsakten (Vorhefter d. ESt-Akte) befindliche Kopie der Vollmacht verwiesen. Am 15.03.2015 schloss der Kläger als Vertreter seiner Mutter als Darlehensgeberin mit sich selbst als Darlehensnehmer folgenden ”Darlehensvertrag” über 250.000 €, den er für beide Vertragspartner unterzeichnete:

  1. „Vorbemerkung

    Aus dem Verkauf des Hauses C sind der Darlehnsgeberin ca. 500.000 € verblieben, die gewinnbringend angelegt werden sollen.

    Auf dem Tagesgeldkonto werden nur 0,5 % Zinsen gezahlt. Die ausschließliche Anlage in Wertpapieren ist zu risikobehaftet, zumal die Darlehensgeberin bereits über ein Wertpapiervermögen von ca. 100.000,00 € (E) verfügt.

    Der Darlehensnehmer beabsichtigt den Erwerb einer Immobilie zur Eigennutzung im L Raum und benötigt deshalb zur teilweisen Finanzierung ein Darlehen. Laut FAZ vom heutigen Tag beträgt der Zins eines Baudarlehens bei einer 70prozentigen Finanzierung und einer Laufzeit von 15 Jahren im Mittelwert von 90 Banken: 1,88 %.

    Im Hinblick darauf, dass der Darlehensnehmer für Baukredite der Darlehensgeberin die persönliche Haftung übernommen hat, (W, T) ist eine dingliche Absicherung des Kredits nicht vorgesehen; als Risikoausgleich zahlt der Darlehensnehmer jedoch einen Betrag von 1,12 % p.a. zusätzlich.

  2. Dies vorausgeschickt, gewährt die Darlehensgeberin dem Darlehnsnehmer ein Darlehen in Höhe von 250.000,00 € […].
  3. Das Darlehen ist mit 3 % p.a. zu verzinsen; der Zinssatz kann erst nach 15 Jahren entsprechend der Entwicklung von dinglich gesicherten Immobiliarkrediten angepasst werden. Die Zinszahlungen erfolgen nachträglich zum 30.03., 30.06., 30.09 und 30.12. eines jeden Jahres in Höhe von 1.875,00 €.
  4. Während der ersten 15 Jahre erfolgt keine Tilgung; sodann eine solche von 5 % p.a..”

Die Generalvollmacht war noch im Jahr 2015, jedenfalls vor dem 14.09.2015, durch Frau X widerrufen worden.

Mit notariellem Vertrag vom 28.05.2015 erwarb der Kläger das Grundstück J samt Inventar zu einem Kaufpreis von 730.000 €. Auf dem Grundstück befinden sich eine gewerbliche Halle mit einer Fläche von … m² (J1s), die seit 01.01.2016 an die U GmbH vermietet ist, und ein Bungalow mit einer Wohnfläche von … m² (J2), der seit Mitte 2016 von den Klägern selbst bewohnt wird.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 hatten die Kläger u.a. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks J in Höhe von 8.088 € erklärt und erläutert, das Grundstück sei seit dem 01.01.2016 vermietet. Zur Teilfinanzierung des Kaufpreises, der in Höhe von 300.000 € schon 2015 fällig gewesen sei, habe der Kläger ein Darlehen bei seiner Mutter über 250.000 € und ein Darlehen bei der V über 300.000 € aufgenommen; für Letzteres war eine Grundschuld in gleicher Höhe eingetragen. Es seien aus dem von der Mutter des Klägers gewährten Darlehen Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 5.937,50 € (312,50 € zzgl. 1.875 € × 3) angefallen. Laut den hierzu vorgelegten Kontoauszügen hatte der Kläger per Dauerauftrag auf ein Konto seiner Mutter am 30.06., 30.09. und 31.12.2015 jeweils 1.875 € mit dem Betreff ”Darlehenszinsen” überwiesen.

Der Beklagte hatte die an die Mutter gezahlten Beträge i.H.v. 5.938 € nicht berücksichtigt mit der Begründung, dass der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter einem Fremdvergleich nicht standhalte, weil mit einer Rückzahlung des Darlehensbetrags angesichts des fortgeschrittenen Alters der Mutter nicht zu rechnen sei. Es erfolge während der ersten 15 Jahre der Laufzeit keine Tilgung. Damit könne die Darlehensgeberin erst 2 ½ Monate nach Vollendung des 108. Lebensjahrs über ihr Vermögen verfügen. Sollte sie früher versterben, entfiele in Höhe des...

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