Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine einheitliche und gesonderte Feststellung bei geringer Bedeutung des Falles

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Gemäß § 180 Abs 3 Nr 2 AO entfällt das Erfordernis der einheitlichen und gesonderten Feststellung, wenn ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen.

2) Eine geringe Bedeutung ist auch anzunehmen, wenn die Ermittlung der gemeinsamen Einkünfte auf einem leicht überschaubaren Sachverhalt und einem kurzfristigen Vorgang mit einfachem Verteilungsschlüssel beruht oder wenn die Ermittlung der Einkünfte hinsichtlich ihrer Höhe und Zurechnung verhältnismäßig einfach und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen ist.

3) Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt bei zusammenveranlagten Ehegatten zur Ermittlung von Vermietungseinkünften aus einem Objekt keine Feststellung durchführt.

 

Normenkette

AO 1977 § 180 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1, 1 Nr. 2a, §§ 179, 180 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen IX R 58/02)

BFH (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen IX R 58/02)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob für die Grundstücksgemeinschaft A, an der die Kläger zu je 50 % beteiligt sind, das Feststellungsverfahren durchgeführt werden muss.

Für die Jahre 1997 bis 1999 wurden bestandskräftige Einkommensteuerzusammenveranlagungen durchgeführt. Für das in 1995 erworbene unbebaute Grundstück B in C, welches in den Jahren 1999 – 2000 bebaut wurde, wurden in 1997 bis 1999 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 hatten die Kläger aber Finanzierungskosten erklärt, die laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 07.07.1998 vom Beklagten jedoch nicht anerkannt wurden, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietung ab 1999 nicht gegeben sei.

Die Kläger beantragten am 14.03.2001 unter Abgabe entsprechender Erklärungen die Durchführung des Feststellungsverfahrens für 1996 – 1999. Dabei wurden folgende Verluste erklärt:

1996

2.840,00 DM

1997

8.074,00 DM

1998

7.802,00 DM

1999

7.512,00 DM.

Der Antrag wurde für 1997 – 1999 am 02.08.2001 mit dem Hinweis abgelehnt, es handele sich um einen Fall von geringer Bedeutung i. S. v. § 180 Abs. 3 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO).

Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde mit Entscheidung vom 14.01.2002 zurückgewiesen. Über den Antrag für 1996 ist noch nicht entschieden.

Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, der Beklagte habe die Durchführung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab 1996 zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, es würde sich nach § 180 Abs. 3 Nr. 2 AO um einen Fall von geringer Bedeutung handeln. In der Verfügung der OFD Magdeburg – S 0361 – 7 – St 251 – vom 16.07.1997 werde sinngemäß ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes –BFH– ein Fall von geringer Bedeutung nur in eindeutig einfachen Fällen anzunehmen sei, d. h. wenn es sich um einen leicht überschaubaren Sachverhalt handele und die Ermittlung der Einkünfte hinsichtlich der Höhe oder Zurechnung verhältnismäßig einfach und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen sei. Um einen Fall von geringer Bedeutung handele es sich z. B. dann nicht, wenn

  • zweifelhaft sei, ob überhaupt einkommensteuerpflichtige Einkünfte vorlägen, an denen mehrere Personen beteiligt bzw. die mehreren Personen zuzurechnen seien oder zweifelhaft sei, ob für diese Personen überhaupt eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt werden dürfe, BFH-Urteil II R 85/82 v. 12.11.1985, BStBl II 1986, 243;
  • bei den gemeinschaftlichen Einkünften (von Ehegatten) über die Abgrenzung verschiedener Einkunftsarten – z. B. über das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels oder das Vorliegen von Überschusseinkünften – zu entscheiden sei, BFH-Urteil VIII R 49/84 v. 1.2.89, BFH/NV 1990, 6;
  • es um die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und deren Abgrenzung zwischen mehreren Veranlagungszeiträumen aufgrund eines nicht ohne Schwierigkeiten zu überblickenden Sachverhalts – z. B. Behandlung einer Leibrentenverpflichtung – gehe, BFH-Urteil I R 3/90 v. 31.7.90, BFH/NV 1991, 285;
  • zwischen den Beteiligten streitig sei, ob die Einkünfte teilweise einem Nießbraucher zuzurechnen seien (BFH-Urteil IX R 141/90 v. 22.2.94, BFH/NV 1994, 866 = StRK AO 1977 § 180 R. 96) oder
  • für die an den Einkünften beteiligten Personen verschiedene Finanzämter örtlich zuständig seien, BFH-Urteil X R 45/91 v. 10.8.94, BFH/NV 1995, 387.

Im Zweifel solle ein Feststellungsverfahren durchgeführt und entweder ein positiver oder ein negativer (§ 180 Abs. 3 Satz 2 AO) Feststellungsbescheid erteilt werden.

Im vorliegenden Fall habe der Beklagte in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vermerkt, dass ein wirtschaftlicher Bezug zu der beabsichtigten Vermietung in 1999 nicht gegeben sei. Sie – die Kläger – hätten das Grundstück in C in 1995 je zur Hälfte ...

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