Entscheidungsstichwort (Thema)

Freihandelsabkommen EWG/Schweiz: Widerruf der Präferenznachweise durch Verwaltungsakt – Verpackung in griechischer Textilerzeugnisse in Bulgarien – Nachweis des präferenzbegünstigten Ursprungs – Lieferantenerklärungen der Verpackungsunternehmen, Nämlichkeitsnachweis

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aus dem Freihandelsabkommen EWG/Schweiz (Protokoll Nr. 3, ABl. EG Nr. L 300) ergibt sich keine Rechtsgrundlage dafür, dass das Ergebnis der Prüfung der Ursprungsnachweise durch die Zollbehörden des Ausfuhrlandes gegenüber dem Ausführer in Form eines Verwaltungsakts bekanntzugeben ist.
  2. Der zollfreien Einfuhr in die Schweiz dienende Ursprungszeugnisse (Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1) über Textilien von griechischen Herstellern, die in deren Auftrag in Bulgarien verpackt und sodann von dort nach Deutschland versandt worden sind, dürfen nicht deshalb mangels Nämlichkeitsnachweis widerrufen werden, weil lediglich Langzeit-Lieferantenerklärungen der griechischen Hersteller, nicht aber solche der bulgarischen Verpackungsunternehmen vorgelegt worden sind.
 

Normenkette

ZK Art. 6; VO (EG) Nr. 1207/2001 Art. 2, 3 Unterabs. 2, Art. 4 Abs. 1 S. 1, Art. 5 Abs. 3 S. 2; EWGAbk CHE Art. 11; EWGAbk CHE Protokoll Nr. 3 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Buchst. a, Art. 17 Abs. 1, 3, Art. 25, 32 Abs. 2, Art. 33 Abs. 5; FGO § 67

 

Tatbestand

Die Klägerin unterhielt ständige Lieferbeziehungen zu der A SA und der B A.B.E.E., griechischen Aktiengesellschaften, die im Geschäftsverkehr zur Bezeichnung ihrer Rechtsform teils den international üblichen Zusatz SA, teils den griechischen Zusatz A.B.E.E. verwendeten. Beide Gesellschaften verfügten in Griechenland über Produktionsbetriebe für Strumpfwaren. Sie ließen aber die von ihnen hergestellten Waren in Bulgarien verkaufsfertig verpacken und dann von dort der Klägerin übersenden.

Nach dem beispielhaft vorgelegten Vertrag zwischen der A SA und der C Ltd, Bulgarien versorgte A SA die C Ltd. mit Verpackungsmaterial, Aufhängern, Plastikbeuteln und Pappkartons für den Ladenverkauf. C Ltd hatte die von A SA hergestellten Waren zu verpacken und zur Versendung bereitzustellen. Sie durfte weder Waren noch Packmaterial zurückbehalten oder A SA gehörende Waren verkaufen. A SA bezahlte C Ltd nach Durchführung jeden Auftrags.

Die Klägerin kaufte bei der A SA und der B A.B.E.E. bestimmte Strumpfwaren, die ihr auch von beiden Gesellschaften in Rechnung gestellt wurden. Für die Strumpfwaren stellten beide Gesellschaften auch Langzeit-Lieferantenerklärungen aus.

Die Klägerin verkaufte an die D AG, Schweiz Feinstrumpfhosen, Füßlinge, Socken und Kniestrümpfe der Position 6115 der Kombinierten Nomenklatur. Diese Waren wurden unter Vorlage von Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, die der Klägerin ausgestellt worden waren, zollfrei in der Schweiz in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt.

Mit Schreiben vom 25.10.2012 und 08.04.2013 bat das Eidgenössische Finanzdepartement, Eidgenössische Zollverwaltung, Oberzolldirektion, Sektion Ursprung und Textilien um Überprüfung der Echtheit und Richtigkeit bestimmter Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1.

Auf Anordnung des Beklagten fanden daher zwei Präferenzprüfungen durch sein zuständiges Sachgebiet statt, deren Ergebnisse in den Berichten vom 20.03.2013, AB-Nr. 830020120600 – D 1110 und vom 06.12.2013, AB-Nr. 830020130461 – D 1110 zusammengefasst wurden. Darin stellten die Prüfungsbeamten folgendes fest:

Die Klägerin hatte bei der A SA und der B A.B.E.E., beide Griechenland, Strumpfhosen und Kniestrümpfe gekauft, die nach ihren Angaben in Griechenland hergestellt, aber dann nach Bulgarien verschickt worden sind, um dort verpackt zu werden. Nach den Packlisten sind die Waren von Bulgarien nach Deutschland versandt worden.

In zwei Fällen bezog die Klägerin Kniestrümpfe und Feinstrumpfhosen von der E Ltd., Bulgarien.

Die bei der Prüfung vorgelegten Langzeitlieferantenerklärungen wurden von der A SA und der B SA ausgestellt.

Mit Bescheid vom 09.01.2014 widerrief der Beklagte gegenüber der Klägerin die in den Anlagen 1 und 2 des Bescheids genannten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, da die Nämlichkeit der Waren nicht habe festgestellt werden können.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, sie unterhalte mit den Firmen A SA und der B A.B.E.E. langfristige Lieferabkommen. Beide Firmen ließen die Ware jedoch bei unterschiedlichen Unternehmen in Bulgarien verpacken, die die Waren dann im Auftrag ihrer griechischen Auftraggeber nach Deutschland lieferten.

Die B A.B.E.E. sei mit der B SA identisch. Im ersten Fall sei die Rechtsform dieses Unternehmens als Aktiengesellschaft mit der griechischen Abkürzung, im zweiten mit der international üblichen Abkürzung bezeichnet worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 15.04.2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da Lieferantenerklärungen zum Ursprungsnachweis nicht hätten anerkannt werden können, weil Lieferant im Sinne ...

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