Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung aufgrund ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 Sätze 3 ff. EStG 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs ist unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ernstlich zweifelhaft, soweit das verfügbare Jahreseinkommen des Steuerpflichtigen durch tatsächlich abgeflossene „echte” Verluste gemindert worden ist.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 3, 7, § 10d Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1999, 2000

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.06.2004; Aktenzeichen XI B 20/03)

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller erzielte in den Jahre 1999 und 2000 neben positiven Einkünften aus selbstständiger Arbeit Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung und im Jahre 2000 zusätzlich einen Verlust aus Gewerbebetrieb. Die Werbungskostenüberschüsse des Antragstellers aus Vermietung und Verpachtung sind überwiegend aus Beteiligungen des Antragstellers entstanden. In dem zuletzt für 1999 ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 12.08.2002 und in dem zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 06.08.2002 ging der Antragsgegner bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens u. a. von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:

1999

2000

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

-6.048 DM

5.063 DM

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

602.691 DM

592.281 DM

Einkünfte aus Kapitalvermögen

2.932 DM

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

- aus bebauten Grundstücken

-37.796 DM

-27.427 DM

-aus Beteiligungen

-400.762 DM

-770.998 DM

Der Antragsgegner berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 12.08.2002 gemäß der ab 1999 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) negative Einkünften von insgesamt 444.606 DM und einen ausgleichsfähigen Betrag von 351.346 DM. Aus der Differenz der positiven Einkünfte von insgesamt 602.691 DM und dem ausgleichsfähigen Betrag der negativen Einkünfte errechnete der Antragsgegner einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 251.345 DM sowie - nach Abzug der Sonderausgaben - ein zu versteuernden Einkommen von 241.271 DM. Er setzte die Einkommensteuer für 1999 auf 104.959 DM (53.664,68 €) fest.

Mit Bescheid vom 12.08.2002 stellte der Antragsgegner gemäß § 10d Abs. 4 EStG den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 auf 1.269 DM aus Einkünften aus Gewerbebetrieb und auf 91.991 DM aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fest (insgesamt 93.260 DM).

In dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 06.08.2002 berücksichtigte der Antragsgegner nach § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG bei negativen Einkünften von insgesamt 798.425 DM einen ausgleichsfähigen Betrag von 350.138 DM. Aus der Differenz der positiven Einkünfte i. H. v. insgesamt 600.276 DM und dem ausgleichsfähigen Betrag der negativen Einkünfte errechnete der Antragsgegner einen Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. 250.138 DM sowie - nach Abzug der Sonderausgaben - ein zu versteuerndes Einkommen i. H. v. 225.774 DM. Die Einkommensteuer für 2000 wurde auf 94.569 DM (48.352,36 €) festgesetzt.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000 legte der Antragsteller fristgerecht Einsprüche ein, über die noch nicht entschieden wurde.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 30.10.2002 ab.

Am 08.11.2002 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 beim Finanzgericht.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass die von ihm in 1999 und 2000 geltend gemachten Verluste in vollem Umfang ohne Berücksichtigung des § 2 Abs. 3 EStG anerkannt werden müssten. In mehreren finanzgerichtlichen Verfahren seien verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG geäußert worden (siehe z. B. Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 15.11.2000 4 V 1612/00 E; Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf vom 04.03.2002 3 V 5245/01). Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Eine Entscheidung durch den Bundesfinanzhof stehe noch aus.

Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, da auf Grund der Vermögensverhältnisse des Antragstellers eine Gefährdung des Steueranspruches nicht bestehe.

Der Hilfsantrag auf Zulassung der Beschwerde werde auf § 115 Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt. Die im vorliegenden Fall aufgeworfene Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung, da sie in einer Vielzahl von Fällen streitig sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 12.08.2002 i. H. v. 28.198,26 € Einkommensteuer, i.H.v. 2.537,84 € Kirchensteuer, i.H.v. 1.550,91 € Solidaritätszuschlag und i.H.v. 1.551 € Zinsen zur Einkommensteuer (insgesamt 33.838,01 €) bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Einspruchsverfahren und den Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 06.08.2002 i. H. v. 21.291,73...

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