Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1990

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.08.1997; Aktenzeichen V R 47/96)

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuer 1990 abweichend um 245.820,96 DM niedriger festzusetzen.

Die Kosten des Verfahens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf 245.820,00,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin ist im Baugewerbe tätig. Im ersten Halbjahr 1990 schloß sie mit mehreren Auftraggebern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, Verträge über auszuführende Bauleistungen ab. Regelungen hinsichtlich der Umsatzsteuer enthielten diese Verträge nicht. Fertiggestellt wurden die Bauleistungen nach dem 01.07.1990. Die Klägerin behandelte die insoweit getätigten Umsätze sowohl in den Umsatzsteuervoranmeldungen als auch in der Umsatzsteuerjahreserklärung als nicht umsatzsteuerbar.

Der Beklagte stellte den vorgeschilderten Sachverhalt anläßlich einer für das Jahr 1990 bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung fest. Er vertrat die Auffassung, daß eine Umsatzerhöhung in Höhe von 1.755.864,00 DM vorzunehmen sei, da die im zweiten Halbjahr 1990 ausgeführten Bauleistungen auch dann der Umsatzbesteuerung unterfielen, wenn sie auf im ersten Halbjahr 1990 abgeschlossenen Verträgen beruhten. Die vor dem 01.07.1990 erbrachten Bauleistungen bezog der Beklagte nach § 163 AbgabenordnungAO – nicht in die Umsatzbesteuerung ein.

Im Juni 1993 beantragte die Klägerin hinsichtlich der vorgenommenen Umsatzerhöhung eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abs. 1 AO dergestalt, daß die darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 245.820,96 DM nicht erhoben werde. Sie führte aus, daß sich die Auftraggeber weigerten, für Leistungen nach dem 30.06.1990, die aufgrund von Verträgen aus dem ersten Halbjahr 1990 ausgeführt worden seien, Umsatzsteuer zu entrichten. Der Gesetzgeber des Umsatzsteuergesetzes 1990 der DDR – UStG/DDR- habe offensichtlich das Problem der Umsatzversteuerung für diese Fälle übersehen. Hätte er dieses Problem erkannt, so hätte er eine Regelung hinsichtlich langfristig abgeschlossener Verträge geschaffen, wie dies § 29 Umsatzsteuergesetz der Bundesrepublik Deutschland -UStG- 1967 vorgesehen habe. Im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsse durch die Verwaltung eine entsprechende Regelung getroffen werden, die insoweit auf § 163 AO beruhe.

Mit Schreiben vom 07.11.1994 lehnte der Beklagte eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen ab. Er verwies auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.03.1994 (Aktenzeichen: VII ZR 15/92), in dem ausgeführt werde, daß es eine planmäßige, vom Gesetzgeber gewollte Lücke sei, daß das UStG/DDR vom 22.06.1990 eine dem § 29 Abs. 1 Satz 1 UStG entsprechende Vorschrift zur Umstellung längerfristiger Verträge nicht enthalte. Aus diesem Grunde seien keine Gründe ersichtlich, die eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen würden.

Gegen die Ablehnung des Antrags legte die Klägerin Beschwerde ein. Sie führte aus, daß der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil einen zivilrechtlichen Anspruch auf Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung seitens des Auftraggebers an den Auftragnehmer abgelehnt habe. Umsomehr hätte der Beklagte prüfen müssen, ob nicht gerade aus diesem Grunde ein Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO in Frage komme. Es sei unerheblich, warum der Gesetzgeber der DDR keine dem § 29 UStG entsprechende Vorschrift geschaffen habe. Tatsache sei, daß sie, die Klägerin, Umsatzsteuer zu zahlen habe, die sie nicht von ihren Auftraggebern erhalten habe und aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofes auch nie erhalten werde. Da es sich bei der Umsatzsteuer um eine allgemein abwälzbare Steuer handele, komme ein Erlaß aus diesen Gründen in Betracht.

Durch Bescheid vom 01.12.1994 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 1990 auf 1.609.192,00 DM fest. Damit berücksichtigte er die Ergebnisse der Umsatzsteuersonderprüfung. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die von ihr eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO. Über den Einspruch ist bislang noch nicht entschieden.

Am 18.07.1995 wies die Oberfinanzdirektion L… die Beschwerde der Klägerin als unbegründet zurück. Sie führte aus, daß die Bauleistungen steuerbar und steuerpflichtig seien. Die bis zum 30.06. 1990 erbrachten Bauleistungen seien nicht als Teilleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 und 3 UStG/DDR anzusehen, da die Leistung wirtschaftlich nicht teilbar und auch nicht in Teilen geschuldet und abgerechnet worden sei. Bei den ab dem 30.06.1990 erbrachten Leistungsteilen komme eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht. Das UStG/DDR habe alle ab diesem Zeitpunkt ausgeführten Umsätze besteuern wollen. Es treffe nicht zu, daß die Klägerin Umsatzsteuer zahle müsse, die sie tatsächlich nicht erhalten habe. Die S...

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