Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Anerkennung eines Angehörigen-Mietvertrags über Dachgeschosswohnung trotz Nichtberücksichtigung des ebenfalls zur Nutzung überlassenen Spitzbodens im Mietvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur steuerlichen Anerkennung eines Angehörigen-Vertrags müssen die Beteiligten des Vertrages jedenfalls ihre vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbaren und entsprechend dem Vereinbarten durchführen. Für die Auslegung ursprünglich unklarer Vereinbarungen kann eine spätere tatsächliche Übung herangezogen werden

2. Ein Angehörigen-Mietvertrag über eine Dachgeschosswohnung kann auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn ein über der Wohnung befindlicher, bei Abschluss des Mietvertrags noch in Bau befindlicher, nur über die Dachgeschosswohnung erreichbarer und nach Fertigstellung von den Mietern genutzter, mangels lichter Raumhöhe von mindestens 2,30 Meter keinen Aufenthaltsraum darstellender Spitzboden nicht im Mietvertrag erwähnt und auch bei der nach der Wohnfläche vorgenommenen Nebenkostenabrechnung nicht berücksichtigt worden ist.

3. Im Vergleich zu anderen „Mängeln” von Mietverhältnissen zwischen nahen Angehörigen (z. B. Vermieter benutzt die Mietsache weiterhin für eigene Wohnzwecke mit oder Miete wird nur teilweise oder nicht zeitnah entrichtet) ist der vorliegende „Mangel” des Mietvertrages (Spitzboden wird nicht als Bestandteil der Mietsache eigens erwähnt, ist aber räumlich nur bei einem Betreten der Mietsache erreichbar und daher faktisch nur durch die Mieter benutzbar) vergleichsweise geringfügig, wenn es sich bei dem Spitzboden nicht um Aufenthalts-, sondern nur um „Nutzraum” handelt.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 12 Nr. 1; AO § 15 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Die Einkommensteuer 2014 wird unter Änderung des Bescheids vom 30. August 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2020 unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objekts C…-straße in Höhe von ./. 10.964,27 EUR festgesetzt.

Die Einkommensteuer 2015 wird unter Änderung des Bescheids vom 30. August 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2020 unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objekts C…-straße in Höhe von ./. 7.944,97 EUR festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 10 % und dem Beklagten zu 90 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Anerkennung von negativen Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2014 und 2015.

Die 1953 geborene Klägerin und der 1955 geborene Kläger sind Eheleute, die vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und Einkünften aus selbständiger Arbeit (Übernahme von Betreuungen) auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger erzielte neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Industriekaufmann ebenfalls Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Gemeinschaftlich erzielten die Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung folgender Eigentumswohnungen: D…-straße, E… (Anschaffungskosten im Jahr 2002: 47 500,00 EUR) und F…-straße, E… (Anschaffungskosten im Jahr 1994: 220 000,00 DM).

Die Kläger nutzten das Grundstück C…-straße, E… zum Teil zu eigenen Wohnzwecken. Vermietet war im dortigen Einfamilienhaus (Herstellungskosten im Jahr 1986: 466 903,00 DM) anfänglich, d. h. zu Beginn des ersten Streitjahres 2014, die unter dem Spitzboden gelegene Einliegerwohnung mit einer Größe von 68,42 qm (= 26,5 % der Nutzflächen im Haus).

Der Vermietung lag ein schriftlicher Mietvertrag vom 29. September 2009 mit Frau G… zugrunde (= Mutter bzw. Schwiegermutter der Kläger). Die monatliche Gesamtmiete betrug 473,10 EUR (Grundmiete: 524,10 EUR). Die Mieterin verstarb am 21. August 2014.

Die Kellerräume des Einfamilienhauses wurden von der Klägerin zu beruflichen Zwecken genutzt.

Im Zeitraum 12. November bis 17. Dezember 2014 erfolgte bei diesem Objekt ohne vorheriges Bauantragsverfahren eine Neueindeckung des Daches, eine Dämmung des Daches, der Einbau von fünf neuen Fenstern, der Austausch zweier Fenster sowie des Dachausstiegs. Die Dachstuhlbalken blieben dabei unverändert. Es wurden lediglich neue Dachziegel auf neuer (Quer-) Belattung angebracht und Fensteröffnungen nachträglich in die Dämmung und Belattung eingefügt.

Im Zeitraum 23. März bis 9. Juni 2015 erfolgte der Innenausbau des Spitzbodens. Er wurde dabei mit der Einliegerwohnung durch eine Treppe verbunden. So entstanden zwei neue beheizte Räume mit liegenden Fenstern mit einer Größe von insgesamt 20,74 qm.

Nutzflächenverteilung im Haus zu Beginn der Streitjahre:

Nach dem Au...

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