Entscheidungsstichwort (Thema)

Fracht-Sonderflughafen. Zollflugplatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Klagebefugnis nach Art. 243 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK setzt – entgegen der Rechtsprechung des BFH – keine Rechtsverletzung des Klägers i. S. des § 40 FGO voraus. Die unmittelbare und persönliche Betroffenheit sind vielmehr gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die autonom auszulegen sind.

2. Die unmittelbare und individuelle Betroffenheit schließt einerseits die Popularklage aus, verlangt andererseits jedoch nicht die Verletzung eines subjektiven Rechts.

3. Bei der Bestimmung eines Flugplatzes als Zollflugplatz handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die im Rahmen des § 102 FGO der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

 

Normenkette

ZollV § 2 Abs. 3, 6, § 3 Abs. 1, 4, §§ 4, 5 Abs. 4; ZK Art. 4 Nr. 5, Art. 37 Abs. 1 S. 1, Art. 38 Abs. 1a, Art. 243 Abs. 1 Unterabs. 1; FGO §§ 40, 102

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.09.2010; Aktenzeichen VII R 45/09)

BFH (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen VII R 36/06)

 

Tenor

I. Die Entscheidung des Bundesministeriums der Finanzen, mitgeteilt durch den Bescheid des Hauptzollamts vom 3. Juli 2003, den Fracht-Sonderflughafen X weder endgültig als Zollflughafen zu bestimmen noch einen – weiteren – „Probebetrieb” zu genehmigen, wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, hierüber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin und dem Beklagten je zur Hälfte auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bestimmung des Fracht-Sonderflughafens X als Zollflugplatz.

Mit Schreiben vom 3. Februar 1997 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die B GmbH, die Befreiung vom Zollflugplatzzwang für Luftfahrzeuge. In einer Besprechung mit der Zollverwaltung einigte man sich darauf, das Schreiben als Antrag auf Bestimmung als „besonderer Landeplatz” anzusehen (Personenbeförderung im nichtgewerblichen Verkehr und Gelegenheitsverkehr). Ende des Jahres 1997 stellte die B GmbH erneut einen – ausdrücklichen – Antrag auf Zulassung als Zollflugplatz (Schreiben vom 13. November 1997).

Mit Erlassen vom 9. Dezember 1997, 5. Januar 1999 und vom 27. Dezember 1999 befreite der Beklagte die zum Verkehrslandeplatz X einfliegenden und von diesem ausfliegenden Luftfahrzeuge zur Personenbeförderung im nichtgewerblichen Verkehr oder im Gelegenheitsverkehr – zunächst befristet, später unbefristet – vom Zollflugplatzzwang (Befreiung gemäß § 3 Abs. 4 i. V. m. § 2 Abs. 3 der Zollverordnung – ZollV –). Der Verkehrslandeplatz X wurde daraufhin in die Liste der besonderen Landeplätze aufgenommen.

Mit Schreiben vom 9. April 2001 erneuerte die Klägerin ihren Antrag auf Bestimmung als Zollflugplatz im Hinblick auf die geplante Abfertigung gewerblicher Waren. Auf die befürwortende Vorlage der Oberfinanzdirektion (OFD) ermächtigte der Beklagte diese, Entscheidungen über gewerbliche Drittlandseinflüge in eigener Zuständigkeit zu treffen (Erlass vom 31. Oktober 2001). Die OFD teilte der Klägerin daraufhin mit, die Flüge könnten im Rahmen von gewerblichen Einzelabfertigungen auf Grundlage von § 2 Abs. 6 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) und § 5 Abs. 4 ZollV abgefertigt werden. Hierbei handele es sich nicht um eine Bestimmung als Zollflugplatz. Auch sei diese Regelung zunächst auf die Dauer von einem Jahr begrenzt (Schreiben vom 7. Dezember 2001).

Noch vor Ablauf des Jahres stellte die Klägerin einen Antrag auf Verlängerung dieser befristeten Genehmigung für Einzelabfertigungen, den die OFD dem Beklagten befürwortend zur Entscheidung vorlegte. Mit an die OFD gerichtetem Erlass vom 11. März 2003 lehnte der Beklagte sowohl den Antrag auf Bestimmung als Zollflugplatz als auch die Verlängerung der Ermächtigung zur Abfertigung von Frachtflügen ab. Dem Antrag auf Bestimmung des Fracht-Sonderflughafens X als Zollflugplatz werde insbesondere aus organisatorischen Gründen vorerst nicht entsprochen. Das im Jahr 2002 vorhandene Aufgabenvolumen im Bereich der Ein- und Ausfuhrabfertigung gewerblicher Warensendungen rechtfertige aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht die Bestimmung zum Zollflugplatz. Die Einrichtung einer Abfertigungsstelle komme bei dem geringen Aufgabenvolumen nicht in Betracht. Die anfallenden Abfertigungen müssten unter den gegebenen Umständen durch die nächstgelegene ca. 30 km entfernte Zollstelle, das Zollamt (ZA) O, vorgenommen werden. Eine derartige Verfahrensweise lasse die derzeitige Rechtslage nicht zu. Es soll...

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