Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Billigkeitserlass bei verzögerter Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister aufgrund behördlichen Verschuldens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Gewinnabführungsvertrag, durch den sich eine GmbH zur Gewinnabführung verpflichtet, wird nur dann wirksam, wenn die Gesellschafterversammlung der GmbH dem Vertrag zustimmt und der Vertrag in das Handelsregister der GmbH eingetragen wird.

2. Nach der Neuregelung des § 14 Nr. 2 S. 3 KStG ist eine verzögerte Eintragung des Gewinnabführungsvertrages in das Handelsregister schädlich, so dass die Gewinnabführung – und damit die Zurechnung des steuerlichen Ergebnisses der Organgesellschaft beim Organträger – erst für das Wirtschaftsjahr der Eintragung des Unternehmensvertrags in das Handelsregister steuerlich anerkannt wird.

3. Ein Billigkeitserlass der auf dem Gewinn der Organgesellschaft lastenden Körperschaftsteuer kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die verzögerte Registereintragung auf einem behördlichen Fehlverhalten des Registergerichts beruht.

 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 1 S. 2; AO § 163; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2017; Aktenzeichen I R 80/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob wegen des Umstands, dass ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Jahr des Vertragsschlusses aufgrund verzögerter Bearbeitung beim Registergericht nicht mehr im Handelsregister eingetragen wurde und damit steuerlich nicht anzuerkennen war, das beklagte Finanzamt (der Beklagte) zur abweichenden Festsetzung der in diesem Jahr (dem Streitjahr 2006) entstandenen Körperschaftsteuer im Wege der Billigkeit (§ 163 der AbgabenordnungAO –) verpflichtet ist.

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in A, deren Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr ist. An ihr waren bis zum Streitjahr zunächst als Minderheitsgesellschafterin die X GmbH & Co. KG mit 43% und als Mehrheitsgesellschafterin die in B ansässige Y. GmbH (Y GmbH) mit 57% der Geschäftsanteile beteiligt. Mit Vertrag vom 10. Januar 2006 übernahm die Y GmbH rückwirkend zum 2. Januar 2006 den Geschäftsanteil der Minderheitsgesellschafterin und wurde so zur alleinigen Gesellschafterin der Klägerin. Ab Februar 2006 gehörte die Klägerin dem Cash-Pool-Verbund der Y GmbH an. Am 15. März 2006 schloss die Klägerin als Organgesellschaft mit der Y GmbH als Organträgerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Darin war in § 1 Abs. 2 Satz 1 vereinbart, dass die Klägerin die Leitung der Gesellschaft ihrer Organträgerin zu unterstellen hatte. Ausweislich § 2 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages war die Klägerin verpflichtet, den nach den maßgebenden handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn an die Organträgerin abzuführen. Die Verpflichtung zur Gewinnabführung sollte nach § 2 Abs. 3 des Vertrages erstmals für das Geschäftsjahr 2006 gelten. Gemäß § 7 Abs. 1 des Vertrages bedurfte der Vertrag zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung beider Gesellschaften; er sollte gemäß § 7 Abs. 2 des Vertrages „mit der Eintragung in das Handelsregister am Sitz der Z. [der Klägerin] wirksam [sein] und – mit Ausnahme des Weisungsrechts nach § 1 – rückwirkend ab dem 1. Januar 2006 [gelten]”.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2006 legte die Klägerin gegen einen an sie gerichteten Vorauszahlungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2006 vom 24. Mai 2006 Einspruch ein und verwies auf den mit ihrer Alleingesellschafterin abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag. Der Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass der Gewinnabführungsvertrag, um wirksam zu sein, in das Handelsregister der Klägerin eingetragen worden sein müsse. Da bislang noch keine Eintragung vorliege, komme auch eine Herabsetzung der Vorauszahlungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in Betracht. Mit Schreiben vom 15. August 2006 machte der Beklagte die Klägerin nochmals auf die noch fehlende Handelsregistereintragung aufmerksam. Anschließend fand gemäß einem auf den 22. August 2006 datierten Aktenvermerk der Sachbearbeiterin des Beklagten ein Telefonat mit der für die Y GmbH zuständigen Konzernsteuerabteilung des Y-Konzerns in F statt, in dem seitens der Alleingesellschafterin darauf hingewiesen wurde, dass die Eintragung auf jeden Fall noch im Jahre 2006 erfolgen solle. Falls dies nicht geschehe, könne „bei Veranlagung immer noch Steuer festgesetzt werden”.

Dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag stimmte die Gesellschafterversammlung der Y GmbH als Organträgerin mit Beschluss vom 12. September 2006 zu. Am 9. Oktober 2006 wurde der Vertrag in Anwesenheit des protokollierenden Notars C in B auch von der Gesellschafterversammlung der Klägerin gebilligt. Dabei wurde zeitgleich auch die Zusammenlegung der beiden bisher selbständigen Geschäftsanteile und die Auflösung des zuvor bei der Klägerin gebildeten Beirats in Form einer Satzungsänderung beschlossen. Der protokollierende Notar meldete den Gewinnabführungsvertrag mit notariell b...

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