Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Umsatzsteuerbescheides nach § 174 Abs. 3 und 4 AO scheidet aus, wenn sich die fehlerhafte Beurteilung des FA nicht auf denselben Sachverhalt bezieht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 174 Abs. 4 AO erfasst die Fälle, in denen das FA darüber irrt, in welchem Jahr die steuerrechtlichen Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt zu ziehen sind.

2. Werden Ansprüche auf Ausschüttung gegen die GEMA gegen die Gewährung eines Darlehens abgetreten, mit dessen Rückzahlungsanspruch die Ausschüttungen verrechnet werden sollen, handelt es sich hinsichtlich der Umsatzsteuerbarkeit des Darlehens und der Auszahlungen der GEMA um zwei unterschiedliche Lebensvorgänge und nicht um einen bestimmten Sachverhalt i. S. d. § 174 Abs. 3 AO.

3. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 174 Abs. 3 AO sind nicht gegeben, wenn ein weiterer Sachverhalt in die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Leistungsaustausches mit einbezogen wird, auf den sich die fehlerhafte Annahme, ein bestimmter Sachverhalt werde in einem anderen Steuerbescheid berücksichtigt, nicht bezogen hat.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4, 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.02.2015; Aktenzeichen V R 38/13)

 

Tenor

1. Die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1999, 2000 und 2001, jeweils vom 18. Oktober 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2011 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kosten-festsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl) ist als P unternehmerisch tätig.

Der Kl schloss am xx.xx.1997 mit dem X Verlag (X) einen Autorenexklusivvertrag auf die Dauer von drei Jahren. X hatte seinerseits einen Verwaltungsvertrag mit der Y Verlag GmbH (Y) geschlossen. Danach werden Y die X zustehenden Verlagseinnahmen bei der M ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Autorenexklusivvertrag (Klage-Akte xxx, S. 44 ff.) sowie den Verwaltungsvertrag (Klage-Akten xxx, S. 135 ff.) Bezug genommen.

Der Kl erhielt von Y in den Jahren 1997 und 1998 jeweils xxx DM, also insgesamt xxx DM. Die Y und der Kl hatten hierzu am xx.xx.1997 im Wesentlichen folgende Vereinbarung getroffen:

㤠2

1. Sie erhalten von Y Verlag GmbH auf Darlehensbasis die folgende, voll gegen sämtliche Autorenanteile verrechenbare Zahlung in Höhe von … DMxxx,– …

2. Y Verlag GmbH erwirbt von Ihnen dafür gemäß den nachfolgenden Bestimmungen seine zukünftigen Forderungen gegen die M in Höhe der zu erwartenden Autorenvergütung bis zum Betrage von DM xxx,– … einschließlich der jeweils geltenden Umsatzsteuer.

Sie sind gemäß den steuerlichen Bestimmungen verpflichtet, bei Eingang der M-Autorenvergütungen die in den M-Abrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer an das für Sie zuständige Finanzamt abzuführen. …”

Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarung Bezug genommen (Klage-Akte xxx, S. 59 ff.).

Ebenfalls am xxx 1997 trat der Kl seine Ansprüche gegen die M auf Ausschüttung der ihm zustehenden Erträgnisse aus der Verwertung von Urheberrechten an Y in Höhe von xxx DM ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abtretung Bezug genommen (Klage-Akte xxx, S. 63). Die M wurde informiert.

Nach den Lizenzabrechnungen der M stand dem Kl 1998 ein Betrag in Höhe von xxx DM zu, der an Y ausbezahlt wurde. Der Kl erklärte diesen Betrag 1998 als steuerpflichtigen Umsatz.

Im Jahr 2001 verzichtete Y auf das Darlehen. Der Darlehensstand betrug zu diesem Zeitpunkt noch ca. x,xx DM.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2001 reichte der Kl eine berichtigte Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldung 4. Quartal 1999 beim beklagten Finanzamt (FA) ein und teilte dem Beklagten (Bekl) mit, dass im Rahmen der Abschlussarbeiten für 1999 nachträgliche Honorarerlöse verbucht wurden, die durch ein Vorausdarlehen eines Verlags vorfinanziert worden seien (USt-Akten, S. 11). Eine USt-Erklärung 1999 reichte der Kl zunächst nicht ein. Daher schätzte der Bekl mit Bescheid vom 29. Oktober 2001 die Besteuerungsgrundlagen und setzte USt 1999 in Höhe von xxx DM fest. Dann gingen beim Bekl die USt-Erklärungen des Kl ein.

Der Bekl änderte die USt-Festsetzung 1999 mit Bescheid vom 15. Januar 2002. Er setzte USt in Höhe von xxx DM (xxx EUR) fest, und erhöhte mit Bescheid vom 28. Juli 2004 infolge der berichtigten USt-Erklärung die USt-Festsetzung 2001 auf xxx EUR.

Der Bekl führte für die Jahre 1996 bis 1998 eine Betriebsprüfung (Bp) durch. Diese gelangte in ihrem Bericht vom 29. April 2004 zu dem Ergebnis, dass die Zahlungen der Y in den Jahren des Zuflusses, also 1997 und 1998, als ust-pflichtiger Umsatz (7 %) zu erfass...

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