rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit einer Forderung bei Insolvenzeröffnung. Änderung eines Bescheides bei widersprüchlicher Festsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist das FA irrig davon ausgegangen, dass die Uneinbringlichkeit des Entgelts bereits ein Jahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegen hat, kann es nach § 174 Abs. 4 S. 1 AO die richtigen Rechtsfolgen im Jahr der Insolvenzeröffnung ziehen.

2. § 174 Abs. 4 S. 1 AO setzt nicht voraus, dass zwischen der Änderung des aufgrund irriger Annahmen ergangenen Bescheides und der Änderung des widerstreitenden Bescheides ein längerer Zeitraum als eine logische Sekunde liegen muss.

3. Uneinbringlich ist eine Forderung dann, wenn sie der Schuldner nicht erfüllt und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Gläubiger die Entgeltsforderung ganz oder teilweise in absehbarer Zeit nicht durchsetzen kann.

4. Die Angabe der falschen Korrekturvorschrift stellt lediglich einen Begründungsmangel i. S. d. § 126 und § 127 AO dar und führt für sich genommen nicht zur Aufhebung des Änderungsbescheides.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4 S. 1, § 172 Ab. 1 S. 1, §§ 126-127, 177; UStG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.05.2012; Aktenzeichen IV B 58/11)

BFH (Beschluss vom 19.01.2012; Aktenzeichen V B 58/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob dem beklagten Finanzamt (dem Beklagten) für eine dem Kläger nachteilige Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung des Streitjahres (1999) eine Änderungsvorschrift (§§ 172 ff. der AbgabenordnungAO –) zur Verfügung gestanden hat.

Der Kläger betrieb in den Jahren 1998 und 1999 ein (Einzel-) Unternehmen mit dem Handel und mit Dienstleistungen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung (EDV). Aus dieser Tätigkeit wurden dem Kläger von seinen Lieferanten im Jahre 1998 Eingangsleistungen mit einer offen ausgewiesenen Umsatzsteuer (Vorsteuer) von xxx.xxx DM in Rechnung gestellt. Da der Kläger sich bereits zu diesem Zeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten befand, gelang es ihm nicht, den Großteil dieser Eingangsrechnungen fristgerecht zu begleichen. Am 19. Oktober 1999 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts X -xxx das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet.

Nachdem das Insolvenzverfahren am 9. April 2005 mangels Masse wieder eingestellt worden war, reichte der Kläger am 1. August 2005 bei der Finanzverwaltung Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 ein. In der Erklärung für 1998 gab der Kläger an, die ihm in Rechnung gestellte Vorsteuer von xxx.xxx DM sei in voller Höhe von der auf die erklärten Ausgangsumsätze entfallenden Umsatzsteuer von xxx.xxx DM in Abzug zu bringen. Auch für das (Streit-) Jahr 1999 erklärte der Kläger einen Überschuss der abziehbaren Vorsteuer über die für die Ausgangsumsätze geschuldete Umsatzsteuer.

Der Beklagte folgte diesen Erklärungen zunächst nicht. In der Folgezeit führte er im Zusammenwirken mit der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts (FA) X beim Kläger eine Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung durch, als deren Ergebnis er zu der Feststellung gelangte, dass die Buchführung des Klägers in erheblicher Weise nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Aus diesem Grunde war der Vorsteuerbetrag, in dessen Höhe der Kläger seine Eingangsrechnungen aus dem Jahre 1998 endgültig nicht beglichen hatte, nach Auffassung des Beklagten der Höhe nach zu schätzen und die Vorsteuer anschließend in entsprechender Höhe zu Lasten des Klägers zu berichtigen. Daneben ergaben sich aus der Prüfung weitere – hier nicht im Streit befindliche – abweichende Besteuerungsgrundlagen, die dem Kläger im Prüfungsbericht vom 23. November 2007 und anlässlich einer Besprechung mit seinem steuerlichen Berater, Herrn Steuerberater U, am 12. Februar 2008 im Einzelnen erläutert wurden. Dabei stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, dass die Korrektur der abziehbaren Vorsteuerbeträge um die auf nicht bezahlte Rechnungen entfallende Vorsteuer bereits im Jahre 1998 zu erfolgen habe.

Infolgedessen ergingen am 6. Mai 2008 Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 gegen den Kläger, in denen die Umsatzsteuer für 1998 auf xx.xxx DM und für 1999 auf x.xxx DM festgesetzt wurde. Beide Bescheide enthielten keine Nebenbestimmungen. Im Bescheid für 1998 war der Beklagte davon ausgegangen, dass sich die abziehbare Vorsteuer anstelle der vom Kläger erklärten xxx.xxx DM infolge der durchzuführenden Vorsteuerkorrektur nur auf insgesamt xxx.xxx DM belaufen habe. Für das (Streit-) Jahr 1999 hatte der Beklagte abziehbare Vorsteuerbeträge von xx.xxx DM in Ansatz gebracht und von einer Kürzung des Vorsteuerabzugs um Korrekturbeträge infolge dauerhaft nicht bezahlter Eingangsrechnungen abgesehen.

Gegen beide Umsatzsteuerbescheide legte der Kläger am 6. Juni 2008 über seinen Steuerberater U Einsprüche ein, zu denen er ausführen ließ, dass die entsprechenden Vorsteuerkorrekturen ...

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