Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterung des Prüfungszeitraums. Anschaffung eines Wohnmobils durch ein Bauunternehmen (GmbH) als verdeckte Gewinnausschüttung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums über die bei einem Mittelbetrieb üblichen 3 Veranlagungszeiträume hinaus auf Zeiträume, für die bereits bestandskräftige Veranlagungen durchgeführt worden sind, ist zulässig, wenn die Feststellung neuer Tatsachen im Rahmen der Betriebsprüfung möglich erscheint.

2. Erscheint die betriebliche Nutzung eines angeblich als Baubüro genutzten Wohnmobils durch ein Bauunternehmen angesichts widersprüchlicher Angaben der Gesellschaft zweifelhaft, so ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass das von dem Gesellschafter-Geschäftsführer angeschaffte Fahrzeug ausschließlich zu privaten Zwecken erworben wurde und mithin die Aufwendungen für das Wohnmobil verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.

 

Normenkette

BpO 2000 § 4 Abs. 3 S. 2; AO 1977 § 193 Abs. 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1; KStG 1996 § 8 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.02.2006; Aktenzeichen I B 101/05)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Erweiterung des Prüfungszeitraums nach § 4 Abs. 3 Satz 2 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) vom 15. März 2000 (BStBl I 2000, 368).

Die Klägerin, eine GmbH, ist in die Größenklasse Mittelbetrieb gemäß § 3 BpO eingeordnet. Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Straßenbau-, Tiefbau- und Pflasterarbeiten. Mit Verfügung vom 20. August 2003 ordnete der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 an. Der Prüfer stellte u.a. fest, dass sich im Betriebsvermögen der Klägerin ein Wohnmobil befand. Das Fahrzeug war am 11. Mai 1998 zum Preis von 78.392 DM (netto) angeschafft und am 27. Mai 2002 zum Preis von 22.038 EUR (netto) veräußert worden. Es war im Prüfungszeitraum zweimal und zwar in den Jahren 2000 und 2001 jeweils einmal an Dritte vermietet worden. Eine private Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin oder dessen Angehörige war nicht erklärt worden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer gab an, die Klägerin sei mit der Sanierung der Ortsdurchfahrt von … beauftragt gewesen, diese Arbeiten hätten rd. drei Jahre gedauert und das Wohnmobil sei dort während dieser Zeit dauerhaft mit kurzen Unterbrechungen als Baustellenbüro abgestellt gewesen. … ist ein Teilort der Gemeinde … und liegt rd. zwanzig Kilometer von Eberbach, dem Betriebssitz der Klägerin, entfernt. Auf Antrage der Betriebsprüfung teilten der damalige Bürgermeister der Gemeinde … mit Schreiben vom 7. Juli 2004 (Rechtsbehelfsakten des Beklagten, Bl. 18) und das für die Baustelle zuständige Ingenieurbüro Berthold Edin mit Schreiben vom 5. Juli 2004 (Rechtsbehelfsakten des Beklagten, Bl. 19) mit, es sei ihnen nicht bekannt, dass die Klägerin ein Wohnmobil als Baustellenbüro eingesetzt habe. Die Betriebsprüfung verneinte daraufhin eine betriebliche Nutzung und nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe der für das Wohnmobil geltend gemachten Betriebsausgaben (AfA und laufende Kosten) an; die vGA betrug für 2000 und 2001 jeweils 17.888 DM sowie für 2002 5.021 EUR. Außerdem stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin beim Verkauf des Wohnmobils nicht den gesamten Verkaufserlös in Höhe von 25.564 EUR (brutto), sondern nur einen Teilbetrag von 11.248 EUR als Betriebseinnahme erfasst hatte. Am 23. Juli 2004 leitete die zuständige Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamts … gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung betreffend die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer der Klägerin sowie die eigene Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2002 ein Steuerstrafverfahren ein.

Mit Prüfungsanordnung vom 10. August 2004, die der Klägerin am 13. August 2004 bekannt gegeben wurde, dehnte der Beklagte die Betriebsprüfung auf die Jahre 1998 und 1999 aus; es sollten Körperschaftsteuer einschließlich gesonderter Feststellungen, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer dieser Jahre geprüft werden. Zur Begründung wurde angeführt, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei und der Verdacht einer Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit bestehe. Der Beklagte ordnete die Prüfung an Amtsstelle an und bat die Klägerin deshalb um Vorlage der Prüfungsunterlagen für die Jahre 1998 und 1999. Mit der Prüfung sollte am 16. August 2004 begonnen werden. Als Prüfer war AR … vorgesehen, der bereits die Jahre 2000 bis 2002 geprüft hatte. Die Klägerin legte gegen die Erweiterung des Prüfungszeitraums Einspruch ein und machte geltend, nach den Prüfungsfeststellungen für die Jahre 2000 bis 2002 seien für die Vorjahre Steuernachforderungen nicht zu erwarten. Das Wohnmobil sei zu Recht bilanziert worden, weil es während der rd. dreijährigen Arbeiten an der Ortsdurchfahrt von … als Baustelle...

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