Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegzugsbesteuerung im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses nach DBA-Schweiz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begünstigungstatbestand des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz erfordert, dass die Arbeitsaufnahme in der Schweiz kausal für den Wegzug aus Deutschland ist. Dies ist nicht der Fall, wenn bereits seit mehreren Jahren Arbeitsverhältnisse in der Schweiz bestehen. Der Wegzug im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses begründet nicht den Begünstigungstatbestand des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz.

2. Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz verstößt weder gegen Art. 11 GG (Freizügigkeit) noch gegen Art. 43 EG-Vertrag (Niederlassungsfreiheit).

3. Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz enthält kein Verbot des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 2 EStG.

 

Normenkette

DBA CHE Art. 4 Abs. 4 S. 4, Abs. 5, Art. 15a Abs. 1 S. 4; EStG § 32b; GG Art. 11; EG-Vertrag Art. 43

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.05.2008; Aktenzeichen I R 11/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war bis zu seinem Wegzug in die Schweiz zum 01. April 2001 in der Bundesrepublik Deutschland ansässig und hier auch unbeschränkt steuerpflichtig (danach Grenzgängereigenschaft, vgl. Ansässigkeitsbescheinigung für Grenzgänger Blatt 10, Allgemeine Akten, Int. Steuerrecht). Nach der Anlage betreffend Anlage N zur Einkommensteuererklärung für 2001 bezog der Kläger folgende Arbeitslöhne (Beträge in DM):

A-GmbH, – Z – (01.01. – 31.03.2001)

23.166,–

A-GmbH, – Z – (01.04. – 31.12.2001)

65.318,–

B-GmbH, – X –, Schweiz (01.04. – 31.12.2001)

56.158,–

– C –, – Y –, Schweiz (01.01. – 31.03.2001)

85.375,94

– C –, – Y –, Schweiz (01.04. – 31.12.2001)

229.103,74

Der Kläger ist nach den Ermittlungen des beklagten Finanzamts jedenfalls bei folgenden Unternehmen (ohne Schweiz; insoweit nachfolgend) Geschäftsführer:

A-GmbH, – Z –

F-GmbH, Sauldorf

G-GmbH, – Z –

E-GmbH, – Z –

– H –, – U – (Ungarn)

– I –, – V – (Polen)

– J –, – Z – (Einzelprokura seit 03. Juni 1994)

– K –, – O – (Ungarn).

Bereits seit dem Jahr 1994 erzielt der Kläger Arbeitslohn aus der Schweiz und ist Geschäftsführer bei den folgenden schweizerischen Unternehmen:

A-AG (seit 01. Januar 1994)

– C – (seit 01. Januar 1994)

–M – (seit 01. Januar 1994)

P-GmbH (seit 01. Januar 1994)

– Q – (seit 01. Januar 1994)

R-GmbH (1995).

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 beantragte der Kläger als Grenzgänger u.a. die Steuerfreistellung der ab April 2001 aus Deutschland bezogenen Lohneinkünfte und die Nichtberücksichtigung der ab diesem Zeitpunkt bezogenen schweizerischen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts.

Im Einkommensteuerbescheid für 2001 – zuletzt vom 30. November 2007 – unterwarf der Beklagte, gestützt auf Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz, die aus Deutschland bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers voll der deutschen Besteuerung unter Anrechnung der zwischenzeitlich nachgewiesenen schweizerischen Steuer und berücksichtigte (auch) die ab April 2001 in der Schweiz bezogenen Einkünfte des Klägers im Rahmen des Progressionsvorbehalts.

Dagegen wenden sich die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage.

Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass nach Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz eine Besteuerung der aus Deutschland stammenden Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen sei, wenn die natürliche Person in der Schweiz ansässig geworden sei, um hier eine echte unselbständige Tätigkeit für einen Arbeitgeber auszuüben, an dem sie über das Arbeitsverhältnis hinaus weder unmittelbar noch mittelbar durch Beteiligung oder in anderer Weise wirtschaftlich wesentlich interessiert sei. Mit der Arbeitsaufnahme bei der Firma B-GmbH in der Schweiz sei dies erfolgt (vgl. Bescheinigung der T-AG, Blatt 258 der Finanzgerichtsakten). Unbeachtlich sei insoweit, dass der Kläger bereits zuvor bei verschiedenen schweizerischen Firmen tätig gewesen sei, da der Tatbestand nicht verlange, dass eine unselbständige Arbeit für einen Arbeitgeber neu ausgeübt werde. Ausreichend sei bereits die bloße Absicht der Arbeitsaufnahme; auch sei nicht erforderlich, dass die Absicht, in der Schweiz eine unselbständige Arbeit auszuüben, der alleinige Beweggrund für den Zuzug in die Schweiz sei, der überdies auch nicht vorrangiges Motiv für den Umzug sein müsse. Auch verkenne das beklagte Finanzamt, dass die Ursächlichkeit der Arbeitsaufnahme für den Wegzug in die Schweiz überhaupt nicht erforderlich sei und die mit der Arbeitsaufnahme bei der Firma B-GmbH erforderliche zusätzliche Tätigkeit in der Schweiz gerade für den berufsbedingten Wegzug in die Schweiz spreche.

Schließlich verbiete die Regelung des Art. 4 Abs. 5 DBA-Schweiz die Anwendung des Progressionsvorbehalts auf Einkünfte, die der Steuerpflichtige nach dem Wegzug in die Schweiz erziele und die aufgrund des Abkommens steuerbefreit seien.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2001 – zuletz...

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