Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindliche Zolltarifauskunft, Berufung auf verbindliche Zolltarifauskunft, die einem Dritten für die gleiche Ware erteilt wurde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung sowie die Art. 10 und 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom 18. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Zollanmelder, der in seinem Namen und für eigene Rechnung Zollanmeldungen abgibt, sich auf eine verbindliche Zolltarifauskunft, deren Berechtigter nicht er selbst, sondern eine mit ihm verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag er die Zollanmeldungen abgab, nicht berufen kann.

2. Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 11 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 243 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung anfechten kann, indem er als Beweis eine in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vorlegt, ohne dass diese die mit ihr verbundenen Rechtswirkungen entfalten kann. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob nach dem einschlägigen Verfahrensrecht des betreffenden Mitgliedstaats die Vorlage eines solchen Beweismittels möglich ist.

3. Art. 12 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein nationaler Leitfaden, dem zufolge sich die nationalen Behörden bei der Tarifeinreihung angemeldeter Waren auf eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte verbindliche Zolltarifauskunft stützen können, bei den Einführern kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass sie sich auf diesen Leitfaden berufen können.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 12 Abs. 2, 5, Art. 217 Abs. 1

 

Beteiligte

Sony Supply Chain Solutions (Europe)

Staatssecretaris van Financiën

Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV

 

Verfahrensgang

Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 12.03.2010; Abl.EU 2010, Nr. C 179/15)

 

Tatbestand

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92Zollkodex der Gemeinschaft ‐ Art. 12 Abs. 2 und 5, 217 Abs. 1 und 243 ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ‐ Art. 10 und 11 ‐ Einreihung von Waren ‐ Verbindliche Zolltarifauskunft ‐ Verwendung für dieselbe Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer, der nicht Berechtigter ist ‐ Verordnung der nationalen Zollverwaltung ‐ Berechtigtes Vertrauen“

In der Rechtssache C-153/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 12. März 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 1. April 2010, in dem Verfahren

Staatssecretaris van Financiën

gegen

Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV, vormals Sony Logistics Europe BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Richters A. Rosas sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV, vormals Sony Logistics Europe BV, vertreten durch P. De Baere, advocaat,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,

‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und K. Havlíčková als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 Abs. 2 und 5, 217 Abs. 1 und 243 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 17, S. 1, und ‐ Berichtigung ‐ ABl. 1998, L 205, S. 75) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex) sowie der Art. 10 und 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der durch ...

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